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Nothalt

Die New Yorker U-Bahn steckt tief in der Krise. Das Schienennetz ist veraltet, drei Viertel der Züge fahren verspätet, die Waggons sind chronisch überfüllt, die Passagiere rebellieren. Ein Brite soll nun helfen

igorovsyannykov / pixabay.com
von
Sebastian Moll
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Fast knistert sie, die Luft am Bahnsteig der Linie 1. Die Anspannung ist groß. Das Warten nervt, die Enge nervt, die Hitze nervt. Es ist so schwül hier unten, zwei Stockwerke unter dem Times Square, dass man zu ersticken glaubt, der Schweiß durchtränkt Blusen, Hemden, Kleider, Sakkos. Die Menschen stehen dicht gedrängt, man kann sich nicht bewegen, ohne jemanden anzustoßen. Als endlich ein Zug einfährt, setzt ein Run auf die Abteiltüren ein wie um Mitternacht am Black Friday, wenn die Kaufhäuser den Schnäppchenjägern die Tore öffnen. Wer nicht dagegenhält, wird überrannt. Jeder will sich einen Platz in der klimatisierten U-Bahn sichern. Und wenn es nur eine winzige Ecke ist.

Der Ordner der Metropolitan Transit Authority, der New Yorker Nahverkehrsbetriebe, ist unbarmherzig. Nach genau 30 Sekunden bläst er in seine Trillerpfeife und drängt die Menschen, die es nicht über die Schwelle in die Bahn geschafft haben, zurück. Ein Fahrgast, der gescheitert ist, bellt ihm ein genervtes "Fuck you" entgegen, doch es nützt nichts. Die Türen schließen sich zischend, der Zug überlässt die Menge auf dem Bahnsteig ihrem Elend. Immerhin produziert er bei der Abfahrt Fahrtwind, der die Hitze für einen Moment lindert.

Seit ein paar Wochen sind die Ordner hier im Einsatz, zuvor war der Zorn der New Yorker über die Verspätungen der U-Bahn übergekocht. Die Ordner sollen die Wartezeiten in den Stationen reduzieren, doch die Maßnahme ist kaum mehr als Kosmetik. Die sechs…

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07.08.2018