Lesezeit 16 Min
Technik

Internet, jetzt aber sicher!

Das Rennen um ein abhörsicheres, unknackbar verschlüsseltes Computernetz ist in vollem Gange. Die Europäer sind ganz vorn mit dabei.

TU DELFT/QUTECH INSTITUT
von
Wolfgang Stieler
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Technik

Die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua hat eine Schwäche für blumige Schilderungen, aber diesmal könnte das Pathos berechtigt sein. Der Satellit, der sich laut Xinhua in der Nacht zum 16. August „brüllend in den dunklen Himmel über der Wüste Gobi“ erhoben hat, könnte tatsächlich eine Zeitenwende markieren. Ganz ähnlich wie der erste Telekommunikationssatellit „Score“, den die US-Armee im Dezember 1958 startete.

Denn der 600 Kilogramm schwere Satellit „Micius“ – benannt nach einem antiken chinesischen Philosophen – soll die erste quantenmechanisch verschlüsselte interkontinentale Verbindung der Welt aufbauen. Er könnte damit den Grundstein legen für eine Technik, die das vielleicht größte Problem des digitalen Zeitalters löst: die grundsätzliche Anfälligkeit derzeitiger Computernetzwerke für Hacker und Cyberspione. Ein Quantennetz verspricht absolute Sicherheit. Sein Schloss besteht nicht mehr aus mathematischen Funktionen, die zwar schwer – aber eben doch zu knacken sind. Sondern aus den Gesetzen der Physik. Und die hat noch niemand ausgehebelt.

Die Gesetze der Quantenmechanik für kryptografische Zwecke zu nutzen, wurde zwar erstmals 1984 vorgeschlagen, und das Unternehmen idQuantique aus der Schweiz verkaufte erstmals 2004 die entsprechende Hardware. Die koffergroßen Geräte, die kryptografische Schlüssel in Form von Lichtteilchen austauschen, haben den Massenmarkt jedoch nie erobert. Denn die Technologie ist nicht nur sehr viel teurer als konventionelle Verschlüsselung. Sie funktioniert auch nur über höchstens einige Hundert Kilometer hinweg und erlaubt nur Punkt-zu-Punkt Verbindungen. An beiden Problemen arbeiten die Chinesen: Ein landesweites Quantennetz soll bis 2030 das gesamte Land überziehen, und der Quantensatellit soll erstmals auch interkontinentale Quantenkommunikation erlauben.

Die Europäer allerdings wollen Fernost das Thema nicht allein überlassen. Zum einen will die EU in den nächsten Jahren bis zu eine Milliarde Euro in ein Leuchtturmprojekt zur Quantentechnologie stecken, das auch Quantenkryptografie mit einschließt. Zum anderen arbeitet auch ein Team in den Niederlanden an Quantennetzen. Mit ihnen soll noch weit mehr…

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Nr. 10/2016