Lesezeit 14 Min
Wissen

Kranke Eltern, kranke Kinder?

Ein Vater oder eine Mutter mit psychischen Problemen kann für die Familie zur schweren Belastung werden. Fünf Kinder erzählen, wie sie das Leben im Schatten der Krankheit bewältigen – und dabei aber auch an ihre Grenzen stoßen

LINELLE DEUNK
von
Nan Rosens
und
Katharina Wantoch
Lesezeit 14 Min
Wissen

Wiebe (57) und Roos (15). Wiebe hat schwere depressive Phasen und geriet wegen eines Ärztefehlers in soziale Isolation

Erst glaubte Roos, ihrem Vater würde es bald besser gehen – ein Trugschluss. Der energiegeladene Mann, der früher viel mit ihr unternommen hatte, zog sich immer weiter zurück – da Ärztefehler seine Hüfte ruiniert hatten. Und Roos sah ihren Vater zum ersten Mal weinen. Wiebe: „Ich lag permanent mit Schmerzen im Bett, verlor mein Geschäft und bekam auch noch Geldsorgen. Ich war so mit meinem Elend beschäftigt, dass ich kaum Energie für Roos hatte.“

„Ich machte kein Problem daraus, mein Vater hatte es schon schwer genug“

Wiebe konnte nur schwer akzeptieren, dass sich seine Rolle zu Hause veränderte, und seine Frau litt unter der Doppelbelastung. Die Spannung war teils nicht auszuhalten. Roos: „Am liebsten zog ich mich in mein Zimmer zurück. Ich wollte nicht reden. Aber auch kein Problem daraus machen, mein Vater hatte es schwer genug.“ Auch in der Schule sagte sie nichts: „Dort konnte ich fröhlich sein.“ Aber sie musste diese irgendwann wechseln, ging vom Gymnasium auf die Realschule.

„Wenn Papa deswegen mit mir reden wollte, dachte ich: Lass mich in Ruhe, ich bringe das selbst in Ordnung.“ Roos begann, sich die Arme zu ritzen: „Ich war so traurig, und es ging einfach nicht vorbei. Durch das Ritzen zieht aller Schmerz dorthin und ist schneller wieder weg.“ Weil sie selbst über ihr Verhalten erschrak und merkte, wie schlecht es ihr ging, vertraute sie sich einem älteren Freund an. Er half ihr, mit dem Ritzen aufzuhören. Schließlich erzählte sie es auch ihrer Mutter. Die fand im Internet einen Kurs für Kinder psychisch kranker Eltern. Roos: „Dort verstand ich zum ersten…

Jetzt weiterlesen für 0,53 €
Nr. 4/2016