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„Und dann war ich der Patient“

Jahrelang gaben sie als Therapeut, Pfleger oder Coach anderen Menschen fachkundige Tipps. Bis sie plötzlich selbst Hilfe brauchten – und so am eigenen Leib erfuhren, wo von sie vorher nur geredet hatten

LINELLE DEUNK
von
Vivian de Gier
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„Unglaublich, dass ich zwei Jahre einfach weitermache – mit einer Depression“

In den Sprechstunden der psychiatrischen Pflege hat Sofie (35) es mit Frauen zu tun, die ein Kind verloren haben oder depressiv sind. Sie weiß, wie das ist: Sie hat beides selbst durchgemacht.

„Ganze neun Tage waren uns mit Pieter vergönnt. Wie bei meiner ersten Schwangerschaft war auch bei ihm alles ganz ausgezeichnet verlaufen. Und doch hatte ich immer wieder in mein Tagebuch geschrieben: ‚Geht es dir wohl gut? Du bleibst doch hoffentlich bei uns?‘

Schließlich wurde Pieter geboren – fünf Wochen zu früh. Er war gesund, aber etwas zu leicht, weswegen er noch ein paar Tage im Krankenhaus verbringen sollte. Ich blieb sechs Tage bei ihm und beschloss dann, eine Nacht zu Hause zu schlafen. Als ich ihn am nächsten Morgen sah, dachte ich: Irgendetwas stimmt da nicht. Er ist anders. Pieter wurde untersucht, aber es gab keinerlei Abweichungen. Trotzdem konnte ich nicht aufhören zu weinen und dachte ständig: Mein Kind stirbt.

In dieser Nacht bekam Pieter einen epileptischen Anfall. Er hatte ein Gerinnsel im Gehirn – das Blut wurde zwar in den Kopf gepumpt, aber konnte nicht wieder hinaus. Alle Adern platzten. Er verblutete innerlich. Am 16.…

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Nr. 2/2016