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Kultur

Ein Künstler ist kein Richter

Joshua Oppenheimer und Adi Rukun über ihren Film „The Look of Silence“ und die Massaker in Indonesien

BERLINER ZEITUNG / MARKUS WÄCHTER
von
Susanne Lenz
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Kultur

Unser Treffen findet an einem Vormittag im Hof eines Hotels in Berlin-Mitte statt. Joshua Oppenheimer erzählt, dass seine Großmutter aus Berlin kommt, aber dass sie die Stadt verlassen konnte, bevor es zu spät war. Adi Rukun, der Protagonist von Oppenheimers neuem Film "The Look of Silence" sitzt am Nebentisch und frühstückt, er kommt später hinzu.

Herr Oppenheimer, Ihre Filme "The Act of Killing" und "The Look of Silence" beschäftigen sich mit dem Jahr 1965 in Indonesien, als die paramilitärische Pancasila-Jugend half, zwischen 500 000 und zwei Millionen Menschen zu ermorden. Doch geht es nicht um die Vergangenheit, sondern um die Gegenwart der Mörder und Opfer. Geht es auch um Sie, der Sie Jude sind?

JOSHUA OPPENHEIMER: Ich wünschte, mein jüdischer Hintergrund wäre kein Grund dafür, diese Filme zu machen. Ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit wird als Verbrechen gegen jeden Menschen auf der Welt definiert. Das ist eine Aufforderung, mit jedem Opfer mitzufühlen. Meist versagen wir dabei. Deshalb spielt es doch eine Rolle, dass meine Familie vom Holocaust betroffen war. Ich bin in dem Bewusstsein groß geworden, dass das Ziel aller Politik darin besteht, dass so etwas nie wieder geschieht. Als ich 2003 in Indonesien anfing, mit Überlebenden der Massaker zu arbeiten, hat die Armee sie bedroht. Da schlugen die Überlebenden vor, ich solle einen Film mit den Tätern machen. Erst hatte ich Angst, dann merkte ich dass die Täter…

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01.10.2015