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„In jedem von uns steckt ein Betrüger“

Und wir sind weniger clever, als wir glauben. Da ist Verhaltensökonom Dan Ariely sich sicher. Und erklärt auch gleich, warum wir strenge Regeln brauchen, um die richtige Entscheidung zu treffen

By PopTech (Flickr: Dan Ariely - PopTech 2010 - Camden, Maine) [CC BY-SA 2.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0)], via Wikimedia Commons
von
Janneke Gieles
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Dan Ariely liebt es, zu scherzen. So erklärte der israelisch-amerikanische Verhaltensökonom seinen Zuhörern in einem Seminar: „Wir alle haben eine betrügerische Ader.“ Am Ende präsentierte er dem Publikum Fotos des Büchertischs – in den Pausen waren dort Arielys Werke zum Kauf angeboten worden. Was die Käufer nicht wussten: Man hatte ihnen absichtlich zu viel Wechselgeld gegeben. Beim Anblick der Bilder wurde es unruhig im Saal. Denn: Drei Viertel derjenigen, die weniger als 15 Euro zu viel bekommen hatten, hatten das Geld einfach eingesteckt, sowie jeder Zweite, der bis zu 80 Euro zu viel erhielt. Kein Wunder also, dass – als klar war, Ariely zeigt nur seine ehrlichen Kunden – ein Seufzer der Erleichterung durch die Reihen ging.

Sie haben etliche Studien durchgeführt, die zeigen, dass wir viel weniger clever und ehrlich sind, als wir glauben. Hat das Ihr Menschenbild verändert?

Ja. Ich sehe nun unsere Möglichkeiten als Mensch pessimistischer. Aber zugleich bin ich optimistischer, was die Rolle der Technologie angeht. Wie schwierig es ist, richtige Entscheidungen zu treffen, wurde mir etwa bei einem Experiment bewusst, das mit dem „Ankereffekt“ zu tun hat. Wir baten Versuchspersonen, uns die letzten beiden Ziffern ihrer Sozialversicherungsnummer zu nennen. Anschließend fragten wir sie, ob sie diese als Betrag für bestimmte Produkte bezahlen würden, etwa für Wein oder Schokolade. Endete die Versicherungsnummer auf 79, lautete…

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Nr. 2/2016