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Fernweh

Immer der Fischnase nach

Gerüche lenken unser Denken und Fühlen, weil wir aus dem Meer stammen.

christels / pixabay.com
von
Dimitri Ladischensky
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Fernweh

Das Riechen entstand im Meer, im Wasser, im Urmeer, in der Dunkelheit. Bevor Lebewesen sehen und hören konnten, konnten sie riechen. Und trotz des Landgangs im Lauf der Evolution ist unser Gehirn im Grunde ein „Riechhirn“ geblieben. Was uns in die Nase steigt, führt uns an der Nase – es steuert unser Handeln, unsere Gefühle, unser Denken. Die Nase – das unterschätzte Sinnesorgan. Ein Gespräch mit Deutschlands führendem Geruchsforscher Prof. ­Dr. Dr. Dr. Hanns Hatt

mare: Es gibt Düfte, schreiben Sie in Ihrem „Kleinen Buch vom Riechen und Schmecken“, die versetzen uns augenblicklich in eine vergangene Welt. Wenn wir das Meer riechen, sehen wir plötzlich Bilder von sorglosen Sommerferien. Wir spüren das Gefühl von damals, endlich Ferien, keine Lehrer, für immer frei. Was passiert da in ­unserem Gehirn?

Hanns Hatt: Visuelle Sachen können wir irgendwann vergessen, so wie wir Gesichter vergessen oder Momente vergessen. Aber was wir einmal gerochen haben, sitzt in uns und kann auch 80 Jahre später wieder auftauchen. Wenn wir einen Duft zum ersten Mal riechen, speichern wir ihn mit den Emotionen ab, die wir in dem Moment empfinden, mit den Bildern, der Situation. Wenn wir den Duft wieder riechen, packen wir das Paket wieder aus. In Marcel Prousts „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ wird der Erzähler, als er Kekse riecht, von Erinnerungen übermannt. Das Gedächtnis mit einem Duft wachzurufen wird in der Wissenschaft „…

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Nr. 127