Lesezeit 14 Min
Philosophie

Total deutsch

Seit dem Aufstieg der AfD wird auch die »Neue Rechte« immer lauter. Um diese Strömung zu verstehen, lohnt ein Blick auf die »Konservative Revolution« der Weimarer Republik. So offenbart sich ein apokalyptisches Denken, das weder neu ist, noch brauchbare Antworten auf heutige Probleme bietet.

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von
Thomas Vašek
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Philosophie

Auf der Bühne steht ein Mann mittleren Alters, er spricht mit schwäbischem Akzent, seine Stimme bebt. Es ist der 3. Oktober 2016 – eine Pegida-Kundgebung in Dresden zum Tag der Deutschen Einheit. Götz Kubitschek, der Redner, heizt die Menge an: »Werden wir Deutschen noch das entscheidende Staatsvolk in Deutschland sein?« Er spricht von einem Schiff, dessen Teile nach und nach ausgetauscht würden. Ob es sich am Ende immer noch um dasselbe Schiff handle, fragt Kubitschek: »Ist Deutschland noch immer Deutschland, wenn das deutsche Volk ersetzt und ausgetauscht wird? Bleibt Deutschland Deutschland, wenn es nicht mehr das Land der Deutschen ist?« – »Nein, nein!«, brüllt die Menge. Und: »Wir sind das Volk!« Kubitschek wartet die Sprechchöre ab, dann ruft er den Leuten zu: »Deutschland bleibt nur Deutschland, wenn es die Deutschen sind, die seinen Lauf auch in Zukunft prägen.«

Götz Kubitschek, der Redner, wettert gegen die »Verdunkler«, die »Verheimlicher«, die »Sprach- und Denkkontrolleure«, die »Gesellschaftsingenieure«. Er sieht sich im Widerstand, in einem politischen Kampf, in dem es um alles geht. Kubitschek gilt als Schlüsselfigur der »Neuen Rechten«, er ist verantwortlicher Redakteur der Zeitschrift »Sezession« und Leiter des Antaios-Verlags, der neurechtes Schrifttum verlegt. Das alte Rittergut in Schnellroda (Sachsen-Anhalt), das er mit seiner Frau Ellen Kositza, ebenfalls Mitarbeiterin der »Sezession«, und sieben Kindern bewohnt, ist ein Angelpunkt der Szene.

Mit dem alten Bild eines Rechtsradikalen hat Kubitschek wenig gemein. Er tritt gewandt auf, er ist belesen, er schreibt; unter anderem hat er Philosophie studiert. Kubitschek versteht sich nicht nur als Intellektueller; er ist auch politischer Aktivist, so hat er die Bürgerinitiative »Ein Prozent« initiiert, die eine Änderung der Flüchtlingspolitik erzwingen will. Doch Kubitschek…

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Nr. 1/2017