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Philosophie

Der moderne Mann

Die Männlichkeit befindet sich in der Krise – so ist es derzeit überall zu lesen. Der traditionelle Mann ist ein Auslaufmodell. Doch was ist das überhaupt: Männlichkeit? Oder ist die Geschlechterfrage falsch gestellt?

rawpixel / pixabay.com
von
Rebekka Reinhard
und
Thomas Vašek
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Philosophie

Den modernen Mann erkennt man daran, dass er Anzug trägt und hektisch auf seinem Smartphone herumwischt. Man erkennt ihn an seinem Vollbart. An seinem XL-Bizeps und an seinen Eightpacks. An aggressiven Ampelstarts, am Siegesgebrüll im Fußballstadion, am Vollrausch danach. Man erkennt ihn aber auch daran, dass er im Biomarkt kritisch Joghurts sondiert, in Nullkommanichts ein Coq au Vin zaubert, sich die Nägel lackiert und joggend den Kinderwagen durch den Park manövriert.

Nie war das Phänomen Mann so vielschichtig wie heute. Attitüden traditioneller Männlichkeit mischen sich mit neuen Attributen, die man weiblich nennen möchte. Ein moderner Mann kann vieles sein. Aber was ist ein »echter« Mann heute? Einer, der viel saufen kann und am nächsten Tag trotzdem im Job performt? Und wenn das ein echter Mann ist, was ist dann ein »guter« Mann?

Der Mann – und mit ihm die Männlichkeit – sind in der Krise. Das sagt uns die »Süddeutsche Zeitung« mit einem Feuilleton-Schwerpunkt. Das sagt uns die »Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung« in einem Artikel mit der dramatischen Headline »Männer haben keine Zukunft«. Das sagt uns der britische Autor Jack Urwin in seinem Männlichkeits-Essay »Boys don’t cry«. Die Ursachen liegen, so heißt es, im Übergang von der Industrie- zur Wissensgesellschaft, im Aussterben von klassischen männlichen Berufsbildern der Arbeiterklasse; in der zunehmenden rechtlichen und ökonomischen Gleichberechtigung; in der Verunsicherung angesichts eines medial gehypten Popfeminismus; im Wegbrechen traditioneller Familienformen mit dem »Oberhaupt« Mann.

Lange haben wir über die Situation der modernen Frau diskutiert, über ihre berufliche Benachteiligung, ihr unerfülltes Beziehungsleben, ihre chronische Überlastung. Jetzt ist der moderne Mann dran. Plötzlich…

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Nr. 5/2017