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Kultur

Mitten ins Herz

Immer wieder sorgt das Zentrum für Politische Schönheit für Aufregung. Philipp Ruch, Philosoph, Theatermacher und Leiter des Zentrums, erklärt, wie er versucht, die moralische Fantasie zu erweitern

By Erik Marquardt (sent to jcornelius via mail) [CC BY-SA 4.0], via Wikimedia Commons
von
Arno Widmann
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Kultur

Wir sitzen unten im Café des Hauses des Berliner Verlags. Philipp Ruch hat Hunger, kommt aber nicht dazu zu essen. So sage ich manchmal ein paar Worte, damit er einen Happen zu sich nehmen kann. Aber der Teller wird nicht leer. Denn auch redend ist Philipp Ruch in seinem Element. Mitten im Lärm der Streitereien am Nachbartisch, dem Geschirrgeklapper und zischenden Kaffeeautomaten redet er sich und mich in Begeisterung.

Wohin zielt Amor?

Nicht aufs Herz. Vor der Renaissance gibt es keine Bilder, auf denen Amor auf das Herz zielt. Auch keinen Text, der das sagt. Anakreon klagt, dass ihn Eros in die Leber getroffen habe. Bei Horaz, Tacitus und anderen antiken Autoren ist die Rede davon, dass die Liebe die Leber affiziert. Niemals ist vom Herzen die Rede. Sie finden das mit der Leber auch noch bei Shakespeare ("with liver burning hot"). Auf Abbildungen ist nicht zu erkennen, dass Amors Pfeil ein bestimmtes Organ treffen soll. Da war eher an einen ganzkörperlichen Angriff gedacht. Für uns ist die Kombination von Liebe und Herz evident. Aber sie ist nicht weniger natürlich oder unnatürlich als die antike Assoziation von Liebe mit der Leber.

Sie sind der Fall eines Künstlers, der sich in der Geschichte der Gefühle umgeschaut hat, um herauszubekommen, wie er uns am besten packen kann.

Günther Anders, ein brillanter Autor, ein großartiger Denker, hat sich immer mit den entscheidenden Fragen…

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10.10.2015