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Kultur

Gegen den Dressurbetrieb

Wir sind Illusionisten, sagt der Regisseur Sebastian Schipper. Und will nicht sagen, wie der Zaubertrick funktioniert. Dann erzählt er doch über seinen Berlin-Film "Victoria"

BERLINER ZEITUNG/PAULUS PONIZAK
von
Frank Junghänel
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Kultur

BERLIN. Sebastian Schipper hat ein Problem, von dem er noch nicht genau weiß, wie er es lösen soll. Dabei löst er ganz gern Probleme. Sonst wäre er nicht auf die verrückte Idee gekommen, einen komplett durchgedrehten Film zu machen, 134 Minuten am Stück, in einer einzigen Kameraeinstellung, ohne Schnitt. "Victoria" tänzelt, taumelt und jagt durchs nächtliche Berlin. Zu Fuß, auf dem Fahrrad, im Taxi und im Fluchtwagen. Es geht über Straßen und Höfe, durch Clubs und Bars, in Keller hinab und auf Dächer hinauf, es gibt einen Bankraub, eine Entführung, eine Schießerei mit der Polizei und schließlich das Finale im Luxushotel. "Victoria" ist Liebesgeschichte, Streetmovie, Jungsding und Thriller in einem - ein zärtlicher Kraftakt, geboren aus der Wut auf die lähmenden Rituale des Filmemachens, wie Schipper es sagt.

Und nun steht er hier auf dem Parkplatz zwischen Lidl und einem Kosmetikstudio, dort, wo sich Kreuzberg und Mitte gute Nacht sagen, und soll darüber reden, wie sie das alles gemacht haben. Genau das ist sein Problem. "Der Film ist eine Illusion. Wir sind Illusionisten. Immer wieder zu erzählen, wie wir den Zaubertrick geübt haben, das bringt ja nichts." Andererseits würde ihn das auch interessieren, wenn er den Film nicht selbst gedreht hätte. Also erzählt er es dann doch immer wieder, so sehr ihn die Frage nach dem Wie und Warum letztlich ermüdet. Seine Stimmung ist anfangs nicht hundertprozentig entspannt.

"Ich kann dir sagen, was los ist. Ich…

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09.06.2015