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Kultur

Er fährt Bus. Und liest Nachrichten

Gustav Metzger ist als Kind vor den Nazis nach London geflohen. Nun, mit 89 Jahren, hat der Aktionskünstler und Außenseiter seinen ersten Auftritt in Berlin: mit einer Installation aus Tageszeitungen

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von
Ingeborg Ruthe
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BERLIN. Wenn die Leute zu seiner allerersten Berliner Installation kommen, ist er längst wieder in seinem Ost-Londoner Atelier, bei den dortigen Zeitungsstapeln, die ihm wichtiger sind als Möbel. Sein Berliner Publikum wird ihn also so nicht erleben, mit der Schiebermütze, der abgetragenen Parka-Kutte, mit den wach blickenden Augen, dem schneeweißen Bart und mit dieser leisen, langsamen Stimme: Gustav Metzger, 89, weltbekannter Künstler mit dem Ruf eines Radikal-Verweigerers.

Jahrzehntelang haben ihn all jene, die viel zu wenig von ihm wussten, für einen alten trotzigen Londoner Kauz gehalten. Für einen Sonderling, der einsam und spartanisch in seinem kleinen Reihenhaus lebt wie Diogenes in der Tonne, der bis heute nie Taxi, Metro oder Zug, sondern nur Bus fährt und alle städtischen Linien und Fahrzeiten im Kopf hat. Der keine Staatsbürgerschaft angenommen hat, nie wieder die ursprünglich deutsche und auch nicht die seines Exil-Landes: Großbritannien. Der, den die globale Kunstszene erst so spät, nach dem Millenniums-Jahr 2000 (wieder)entdeckt hat.

Es ist spät, aber nie zu spät. Jetzt, 2015, mitten im aufgeregten alljährlichen Kunstherbst mit den Messen und Hunderten großen Ausstellungen, stellt Metzger endlich auch in Berlin aus, im Neuen Berliner Kunstverein in der Chausseestraße. Kuratorin Eva Scharrer lernte Metzger 2006 in der Kunsthalle Basel kennen. Er fiel ihr auf, als er da stundenlang und ringsum alles vergessend eine endlose Aktion mit…

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14.09.2015