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Gesellschaft

Der Osten lebt

Rotkäppchen und die Schwalbe, Aschenbrödel und die Jugendweihe: Die einstige DDR ist gesamtdeutsch präsenter denn je

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von
Torsten Harmsen
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Gesellschaft

Von uns ist ja nichts geblieben." So lautet die Meinung vieler Ostdeutscher - auch heute, 10 319 Tage nach dem Fall der Mauer. Man kann dieses Gefühl verstehen. Die Grundlage dafür wurde bereits zur Währungsunion am 1. Juli 1990 gelegt. In den Tagen davor waren sämtliche Ost-Waren aus den Regalen der Kaufhallen und Läden des ganzen Landes verschwunden. Es herrschte gähnende Leere. Am anderen Morgen füllte die bunte Warenvielfalt des Westens die Regale. Es war nur ein Vorgeschmack auf die große Umwälzung, die dann nach dem 3. Oktober 1990 folgen sollte.

Manche fragten sich bereits damals, ob es denn sein müsse, alles auszuräumen und damit auch Millionen Menschen das bisher Gewohnte zu nehmen, und sei es auch "nur" die vertraute Hautcreme, der Badezusatz, die Schokolade, die Limo, die Packung Tempo-Linsen. Kleinigkeiten, die aber das Leben ausmachen.

Solche Gedanken gingen allerdings im Jubel all jener unter, für die die langersehnte D-Mark kam. Bereits viele Stunden vor der Öffnung der Banken und Sparkassen hatten sich lange Schlangen gebildet. Mancher wollte die begehrten Scheine als Erster in der Hand halten. Viele feierten die neue Währung als Symbol für grenzenlosen Konsum, Reisen und Freiheit schlechthin. Sie wollten endlich auch Zugang zu den Westwaren haben, die sie lange nur in der Werbung sehen konnten.

Heute gehören viele von denen, die damals am lautesten feierten, zu jenen, die am heftigsten beklagen, dass von ihrer einstigen Welt…

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08.02.2018