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Politik

Der lange Marsch

Kanzler, Kirche, Konkurrenten – mit demokratischer Rauflust legte sich Heiner Geißler mit allen an. Am Ende waren frühere Gegner seine Anhänger

By Heike Huslage-Koch (Own work) [CC BY-SA 4.0], via Wikimedia Commons
von
Thomas Kröter
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Politik

Heiner Geißler hat an vielem gezweifelt in seinem langen Leben: An der Kirche, an seiner Partei, am Kapitalismus. Von manchem hat er sich sogar losgesagt. Von seinem Freund und Förderer Helmut Kohl zum Beispiel. Nur Selbstzweifel waren nie seine Sache. Bis ins hohe Alter blieb der langjährige CDU-Politiker zutiefst von sich überzeugt. Und von den Positionen, die er gerade vertrat.

Diese Selbstgewissheit war eine Provokation für seine Gegner. Für ihn war sie das Erfolgsrezept, ganz im Sinne des Credos, das Oskar Lafontaine später als politische Grundregel ausrief: Weil er so begeistert von sich war, gelang es ihm so überzeugend, andere für sich und seine Positionen zu begeistern.

Geißler war der letzte in der Reihe von Politikern, die gern mit dem Begriff "Urgestein" geehrt wurden - weil ihre Laufbahn so weit hineinreicht in frühe(re) Tage der Republik, obwohl seine wichtigste Zeit nur die wilden 70er- und 80er- Jahre waren, als das Zentrum der deutschen Politik noch in Bonn lag. Seiner erinnern wir uns auch deshalb mit einer gewissen Sehnsucht, weil er in seiner Scharfkantigkeit den großen alten Recken zu ähneln schien wie Herbert Wehner oder Franz Josef Strauß, die mit ihrer rhetorischen Gewalt Parlament und Öffentlichkeit aufmischten.

In Wirklichkeit war er nicht nur erheblich jünger als sie, sondern auch moderner - der erste wirklich moderne Politiker im Nachkriegsdeutschland. Denn er folgte nicht bloß mit hoher Intelligenz und…

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13.09.2017