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Technik

Fälschen für alle

Das goldene Zeitalter der Fake-News hat gerade erst begonnen. Mithilfe von künstlicher Intelligenz wird es immer einfacher, Bilder und Videos zu manipulieren. Haben wir künftig noch eine Chance, die Wahrheit von der Lüge zu unterscheiden?

SHUTTERSTOCK
von
Wolfgang Stieler
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Technik

Auf den ersten Blick ist @smilevector ein ganz gewöhnlicher Twitter-Account. Da gibt es Fotos und kurze Videoschnipsel, die mehr oder weniger prominente Menschen zeigen. Sie schauen ernst oder lächelnd in die Kamera. All diese Bilder sind nicht echt. Sie sind Fälschungen. Erzeugt im Computer – im Dienst der Wissenschaft. Aber dabei wird es kaum bleiben.

Die Software, die Leinwandhelden genauso überzeugend zum Lächeln bringt wie längst verstorbene illustre Persönlichkeiten auf historischen Ölbildern, ist das Produkt von Tom White von der University of Wellington: ein künstliches neuronales Netz, das auf Knopfdruck komplette Resultate liefert, ohne dass der Fälscher mühsam Pixel für Pixel, Bildregion für Bildregion retuschieren muss. Noch ist die Auflösung der von Smilevector erzeugten Bilder auf 256 x 256 Pixel begrenzt, da das Verfahren viel Rechenzeit kostet. Doch White hat keinen Zweifel, dass seine oder ähnliche Software eines Tages gut genug sein wird, um selbst Profis hinters Licht zu führen.

Thomas Gloe ist ein solcher Profi. An der TU Dresden hat er Verfahren der Multimedia-Forensik entwickelt. Mittlerweile sucht er für die dence GmbH in Bildern und Videos nach Spuren von Manipulationen – meist im Auftrag von Versicherungen. Er wähnt sich sicher. „Jede Kamera ist ein System, das die dreidimensionale Realität in ein zweidimensionales Bild überführt“, sagt Gloe. „Das geht niemals perfekt. Denn selbst wenn ich zwei völlig gleiche Objekte filme,…

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Nr. 4/2017