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Kultur

Punk-Haltung bewahren

Anerkannt radikal: Milo Rau ist beispielgebend für junge Regisseure

Tirachard Kumtanom / shutterstock.com
von
Detlev Baur
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Kultur

Ich bin der Meinung, dass es kaum junge Regisseure gibt, die (dauerhaft) ein starkes künstlerisches Profil entwickeln und mit ihrer Arbeit radikal die Welt befragen. Junge Regie erscheint eher „radikal angepasst“ als „radikal jung“. Verstehen und teilen Sie diese Einschätzung?

Milo Rau: Was leider stimmt, ist Folgendes: Vonseiten der Theater findet, in Deutschland mehr als etwa in Belgien oder Frankreich, ein Mainstreaming statt. Saisonthemen, die von ebenfalls unter Druck stehenden Dramaturgien im Internet recherchiert wurden, gleichen sich republikübergreifend, Romane werden im Akkord dramatisiert. Dass für diese kunsthandwerklichen Fließbandarbeiten junge Leute, die neu im Beruf sind, eingesetzt werden, ist logisch. Da wird einfach irgendein Bestseller, Klassiker oder Feuilletonthema in der einen oder anderen Machart mit ein wenig Atmosphäre oder Authentizität versorgt. Heute Marthaler, morgen Rimini Protokoll, übermorgen Schlingensief: Das läuft nach festen, erprobten Modellen ab. Grundsätzlich finde ich das okay, es hat aber natürlich nichts mit Radikalität oder Kunst zu tun – es ist einfach die Logik des Betriebs, es gibt im Theater ja diese hysterische Angst, es falsch zu machen. Ich denke, man muss versuchen, sich von all dem unabhängig zu machen. Und das geht nur, indem man sich eine Struktur schafft, die einen eben ein Stück weit tatsächlich unabhängig macht: indem man international produziert, indem…

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Nr. 4/2016