Lesezeit 12 Min
Kultur

Wladimir Kaminer

„Die ganze Welt ist zu einem Touristenlager geworden.“

By Juerg Vollmer from Zürich, Schweiz [CC BY-SA 2.0], via Wikimedia Commons
von
Sylvie-Sophie Schindler
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Kultur

Zur Person

Wladimir Kaminer wurde 1967 in Moskau geboren, absolvierte eine Ausbildung zum Toningenieur und studierte Dramaturgie am Moskauer Theaterinstitut. Im Juni 1990 kam er nach Berlin. Er rief die legendäre Partyreihe „Russendisko“ ins Leben, bei der ausschließlich russische Musik von Russen aufgelegt wird: eine Mischung aus Polka-Punk, Klezmer-Ska und Balalaika-Rock. Sein gleichnamiger Debütroman erschien im Jahr 2000, wurde zum Bestseller und verfilmt. Seine in mehr als dreißig Sprachen übersetzten Texte schreibt Kaminer in Deutsch anstatt in seiner Muttersprache Russisch. Er ist verheiratet und hat einen Sohn und eine Tochter. Die Familie besitzt ein Haus an den Uferstreifen eines Badesees in einem kleinen Dorf im Löwenberger Land, hat ihren Hauptwohnsitz jedoch in Berlin.

München. Wladimir Kaminer steht da, mit einer Reisetasche in der Hand, und überlegt: „Sollen wir zum Gespräch in der Lobby des Hotels bleiben?“ Mit einem Blick auf die vielen Männer in Anzügen runzelt er die Stirn und entscheidet sich dagegen. Schnell ist eines dieser typischen Schwabinger Cafés aufgetan. Am Nachbartisch sitzen Mütter, ihre Babys quieken fröhlich, der Schriftsteller trinkt frisch gepressten Orangensaft. Viel Zeit bleibt nicht, in einer guten halben Stunde geht es zum Flughafen. Trotzdem kommt keine Hektik auf. Kaminer ist gut gelaunt, wenngleich er auch ein wenig russische Melancholie verbreitet. Er spricht über die russische Mentalität, wieso er in…

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Nr. 12/2016