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Wir backen Spekulatius!

In der Familie von Warum!-Chefredakteurin Alexandra Werdes werden jedes Jahr Spekulatius gebacken – und das seit mehr als 100 Jahren

ODILE HAIN
von
Alexandra Werdes
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In der Küche meiner Eltern hängt das ganze Jahr über ein armlanges, dickes Holzbrett. In das Brett sind Figuren geschnitzt. Wenn man genau hinguckt, ist in der ein oder anderen feinen Ritze noch etwas weißes Mehl zu erkennen. Denn einmal im Jahr wird das Brett von der Wand geholt und zum Backen benutzt. Es ist die Backform für Spekulatius: Wie Stempel drücken die Schnitzereien Bilder in den rohen Teig.

Die verschiedenen Motive sind das besondere an Spekulatius. Daher kommt vermutlich auch ihr komischer Name: speculum heißt auf Latein „Spiegel“ und könnte sich darauf beziehen, dass die Bilder spiegelbildlich ins Holz geschnitzt sind. Es gibt Spekulatius, die die Nikolausgeschichte erzählen, oder Figuren, die verschiedene Berufe darstellen. Das Spekulatiusbrett meiner Familie hat zwanzig Motive auf jeder Seite, von der Teetasse bis zur Bauersfrau. Zuletzt haben wir nur noch die Vorderseite benutzt. Ihre Figuren sind nicht rechteckig wie die typischen Spekulatius, dadurch aber auch nicht so großflächig, sodass sich der Teig besser aus den Mulden löst. Der Teig muss nämlich fest in die Holz-Mulden gedrückt und anschließend wieder herausgeschlagen werden.

Unser Spekulatius-Brett ist speckig und an den Ecken schon ganz abgewetzt. An dem einen Ende ist das Holz schon gesprungen, damit der Riss nicht größer wird, wurden an jedem Ende lange Schrauben quer durch das Holz gezogen. Die Form ist mehr als hundert Jahre alt. Mit ihr hat schon mein Ur-Opa…

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Nr. 4/2016