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Hilfe, mein Kind will ein Haustier!

Unsere Autorin wollte nie ein Haustier. Ihre beiden Töchter schon. Sie ließen nicht locker, bis Knolle und Purzel einziehen durften. Und das Kaninchen-Dilemma begann…

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von
Jeannette Otto
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Erfahrungsbericht

Immer nur Kaninchen

Ich sehe sie noch vor uns durch den Wald hüpfen, Hand in Hand. Unsere Töchter in seltener Eintracht, innig verbunden. Viel verstanden von ihrem Geplapper haben mein Mann und ich damals nicht. Aber das Bild dieser fröhlichen Verbundenheit prägte sich uns tief ein. Am Abend erzählten uns die beiden, was sie für Pläne geschmiedet hatten – für ihr neues Leben mit Haustier!

Wenige Tage zuvor waren wir Eltern weich geworden und hatten den Kindern gesagt, dass zwei Kaninchen in unseren Garten einziehen dürften. Endlich! Vier Jahre hatten Luise und Janne, damals acht und elf Jahre alt, um diese Tiere gekämpft. Vier lange Jahre, in denen sie uns alles versprachen und versicherten, uns ein idyllisches Bild vom Leben zu sechst ausmalten. Zwei Kaninchen und wir.

Wir hatten uns lange gesträubt, denn wir meinten zu wissen, wie Geschichten über Haustiere ausgehen. Nämlich immer gleich: Nach wenigen euphorischen Wochen werden die Tiere wie langweiliges Spielzeug nicht mehr beachtet. Wir hatten die Kinder unsere Skepsis und Unlust deutlich spüren lassen. Ihr Wunsch aber wurde davon nicht kleiner, sondern immer nur größer. Sie vergaßen ihn auch nicht zwischendurch. Sie wünschten sich auch nichts anderes. Immer nur Kaninchen. Wir kauften Plüschhasen. Sie wollten lebendige. Es hörte einfach nicht auf. Irgendwann fragten wir uns, ob unsere Härte nicht doch gemein war, reine Prinzipienreiterei zweier arroganter Erwachsener, die glaubten, die Zukunft voraussehen zu können.

Ich war die erste, die einknickte. Ich verstand sie ja. Der Wunsch nach einem Haustier liegt in der Natur eines Kindes, sagte ich meinem Mann. Sie wollen Verantwortung übernehmen! Mein Mann lachte sich schlapp. Verantwortung? Wo lebst Du denn, fragte er mich. Seine Sturheit ging mir jetzt genauso gegen den Strich wie den Kindern. Ich verbündete mich mit ihnen, sagte: Macht ihm einen Vorschlag, überlegt euch, wie ihr ihn überzeugen könnt! Denkt euch was aus!

Ein Hasen-Vertrag

Sie haben sich an den Computer gesetzt und die erste Powerpoint-Präsentation ihres Lebens erstellt, allein, ohne Hilfe. Die Bilder haben sie sich aus dem Internet gezogen, irgendwie wussten sie, wie das alles funktioniert, von uns nicht. Die Kaninchen-Präsentation war beeindruckend. Wir wussten danach alles über Ernährungsgewohnheiten, richtige Pflege und die häufigsten Krankheiten. Mein Mann zeigte sich über die Computerkenntnisse seiner Töchter erfreut, blieb aber hart. Erst mit dem Vorschlag, einen „echten Hasenvertrag“ aufzusetzen, den alle Mitglieder der Familie unterschreiben sollten, lenkte auch er endlich ein.

Der Hasen-Vertrag hängt nun seit drei Jahren in den Zimmern der beiden Mädchen. Wir Eltern haben unsere Kopien in Ordnern abgeheftet. Freunde, die selbst Kinder haben, zeigen sich beeindruckt von diesen klaren Regeln – wer wann füttert, wie sich die Kosten für Futter und…

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Nr. 1/2015