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Essen aus dem Baukasten

Industriell verarbeitete Lebensmittel galten einmal als schrecklicher Auswuchs der Moderne. Dann kamen Vegetariertrend und Gesundheitsbewegung und machten fleischlose Mortadella sowie laktosefreie Milch zu Lifestyle-Produkten. Das hat auch seine guten Seiten.

SHUTTERSTOCK
von
Denis Dilba
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In Plastikfolie verschweißt und mit typisch goldgelber Farbe sieht das „Wilmersburger Stück Cheddar-Style“ auf den ersten Blick tatsächlich so aus wie seine namensgebende Verwandtschaft aus Südwestengland. Allerdings darf sich der 300 Gramm schwere Block, der vom Kölner Unternehmen Vekontor vertrieben wird, laut EU-Verordnung 1308/2013 nicht Käse nennen: Er besteht hauptsächlich aus Wasser, Pflanzenfett und Stärke, einigen Aroma- und Farbstoffen sowie einer gehörigen Menge Salz. Und doch – oder gerade deswegen – hat er Vorzüge, die im Supermarktregal gut ankommen: Er ist sowohl vegan als auch – da ohne Milch und Klebereiweiß hergestellt – laktose- und glutenfrei. Zudem ist die Produktion des veganen Kunstkäses bis zu 40 Prozent billiger als die von echtem Käse.

Was heute als Inbegriff einer modernen Art zu essen gilt, wäre früher als verhasste Chemie bei kaum einem Ernährungsbewussten auf den Tisch gekommen. Als die Verbraucherzentrale Hamburg 2009 im Internet Produkte mit dem „Nepp Käse“ outete, war der Aufschrei groß: Das mit viel Lebensmitteltechnik-Einsatz produzierte Käse-Imitat wollte niemand auf Pizza oder im Schnitzel Cordon bleu finden, schon gar nicht, ohne davon zu wissen. Denn damals waren die meisten Produkte nicht entsprechend gekennzeichnet. Inzwischen hat offenbar ein Sinneswandel stattgefunden. Er betrifft bei Weitem nicht nur Käse, sondern auch Fleischersatzprodukte wie vegetarische Mortadella, die zu rund zwei Dritteln aus Eiklar sowie etwas…

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Nr. 12/2016