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Wirtschaft

Kartell der älteren Herren

Kaum mehr als ein halbes Dutzend Ex-Manager im Rentenalter hat weite Teile der deutschen Wirtschaft unter Kontrolle. Der Einfluss ist nahezu unbeschränkt und so groß, dass manch ein Minister davon nur träumen kann.

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von
Kirsten Bialdiga
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Wirtschaft

Gerhard Cromme ist für sein unverbrüchliches Selbstvertrauen bekannt. Als Chefkontrolleur von Thyssenkrupp musste er einst auf der Hauptversammlung nach gravierenden Fehlplanungen in Amerika einen Verlust von fünf Milliarden Euro verkünden, der den Traditionskonzern fast in die Pleite trieb. Ein Aktionär wagte zu fragen, ob der Aufsichtsrat angesichts dieses Desasters denn richtig besetzt sei. Cromme antwortete, es sei sehr schwierig, geeignetes Personal für solch eine verantwortungsvolle Aufgabe zu finden. Dafür brauche es schon eine ganz besondere Qualifikation. Ein Raunen ging durch den Saal. „Fünf Milliarden Verlust – das hätte doch jeder hinbekommen“, spottete einer.

Die Konsequenzen aus der Thyssenkrupp-Misere hielten sich für Cromme dennoch in Grenzen. Zwar musste er sein Mandat als Aufsichtsratschef niederlegen. Bis heute ist er aber trotz seiner inzwischen 73 Jahre immer noch Chefkontrolleur des deutlich größeren Siemens-Konzerns. Er hat entscheidenden Einfluss auf das Schicksal von 348.000 Beschäftigten. Cromme zählt trotz Missmanagements bei Thyssenkrupp und trotz fortgeschrittenen Alters weiter zum Zirkel jener mächtigen alten Männer, die bis heute die deutsche Wirtschaft anführen.

Rund ein Drittel der Dax-Konzerne wird von Aufsichtsratschefs kontrolliert, die über 70 Jahre alt sind. Das Durchschnittsalter für diesen Posten liegt mittlerweile bei fast 68 Jahren – mit steigender Tendenz. Und das in einer Zeit, in der für viele Beschäftigte…

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12.03.2016