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Kultur

Das letzte Raubein

Im Alter von 77 Jahren ist der große Charakterdarsteller Götz George nach kurzer schwerer Krankheit gestorben. Als „Schimanski“ hat er einen neuen Ermittlertypus geschaffen – und Duisburg als ehrliche Malocherstadt ins Herz der Menschen gespielt.

By 2009-15-11_München_Götz_George.jpg: Florian Adlerderivative work: Sir James (2009-15-11_München_Götz_George.jpg) [CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons
von
Dorothee Krings
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DUISBURG Er war ein Rebell, störrisch, streitlustig, höchst verletzlich hinter all der Angriffslust. Und so hat er den „Schimanski“ gespielt, als Outlaw im öffentlichen Dienst, als Macho der Nach-68er-Generation, als Staatsdiener, der sich seine Gesetze selbst gibt. Und trotzig lacht, wenn er sich wieder eine blutige Nase holt, weil die Verhältnisse sind, wie sie sind.

Natürlich dreht dieser Kerl den Leuten den Rücken zu, als er 1981 im „Tatort“ auftaucht. Er will ja nicht gefallen, nur seinen Job machen, Scheiße noch mal. Und so steht Götz George im schmuddeligen Unterhemd an einem Fenster und blickt auf das Stahlkocher-Duisburg, die trübe Malocherstadt, sein Revier.

Und dann geht Schimanski hinüber in seine gammelige Küche, diese Kampfansage an jede Häuslichkeit, will sich Spiegeleier braten, findet in all dem Ungespülten keine Pfanne, schlägt die rohen Eier in ein Glas, kippt sie wie einen Korn in der Kneipe. Da war ein neuer Ermittlertyp geboren, der antibürgerliche, antibürokratische Held, Draufgänger in abgewetzter Feldjacke, James Bond der kleinen Leute, Proletarier unter den Kommissaren, ein ruppiges, selbstgerechtes Großmaul, aber einer, der große Pflaster auf seinen Wunden trägt. Der sein Scheitern nicht vertuscht, der Gefühle zeigt. Und Selbstironie. So einer durfte ganz Mann sein. Bei ihm war das nicht lächerlich. Nicht selbstverliebt. Es hatte nichts von Til Schweiger. „Schimanski“ war ja für die da unten, ein Rüpel, aber…

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28.06.2016