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Kultur

„Wegducken geht für mich gar nicht“

Acht persönliche Fragen an Joy Denalane

JULIA GROSSI
von
Katja Trippel
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Kultur

Sie sprudelt vor Energie, aber hat auch mit Ängsten zu kämpfen. Die Soulsängerin über ihre destruktive Ungeduld, den Schmerz, ohne Mutter zu sein, und die große Liebe

Frage 1: Mit welcher Eigenschaft kämpfen Sie am meisten?

Oh je, mit meiner Ungeduld! Ich glaube, das ist typisch für Menschen mit einem starken Temperament. Wenn ich das Gefühl habe, irgendetwas geht gerade nicht schnell genug, überkommt es mich fast körperlich – richtig unangenehm. Weniger, wenn Leute langsamer handeln, als wenn sie langsamer denken als ich. Ich bin ein ziemlich energetischer Typ. Ich kann mich schnell für etwas begeistern und gehe in viele Gedanken mit totaler Hingabe rein. Wenn ich mich dann mit jemandem unterhalte, und der kommt nicht mit, oder schlimmer noch, mir scheint, der ist gerade denkfaul, dann rebelliert es in mir: Komm aus dem Knick mit deinem Kopf! Werd‘ mal ein bisschen schneller!

Vor allem bei Leuten, die ich gut kenne und denen gegenüber meine Erwartungshaltung entsprechend groß ist, kann ich meine Ungeduld schlecht verbergen. Dabei weiß ich genau, dass mein Verhalten sehr destruktiv sein kann. Ich übe Druck aus, was dazu führt, dass mein Gegenüber gleich ganz aufhört zu denken. Wer lässt sich so etwas schon gefallen? Ungeduld ist ganz klar ein egozentrisches Ding. Man nimmt sich selbst als Maß aller Dinge – und somit anderen die Freiheit, in ihrem Tempo nachzudenken oder Ideen abzuwägen. Ich bin nicht stolz darauf, diese…

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Nr. 4/2017