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Schluss mit dem Gefallenwollen!

Für sich selbst eintreten – das kriegt Autorin Natalie Hanssen selten hin. In schwierigen Situationen reagiert sie entweder zu heftig oder zu schüchtern. Kann eine Verhaltenstherapie ihr helfen, sich besser zu behaupten?

ULRIK FIGEN
von
Natalie Hanssen
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Dienstag, 17:32 Uhr, anstehen beim Bäcker. Es gibt noch exakt ein Brot. Fein, das hätte ich gern. Da hält ein protziges Auto direkt vorm Laden. Der Fahrer ruft durchs Fenster: „Legst du mir mal eben das Brot zurück?!“ Mit jovialem Winken Richtung Fahrer kommt der Verkäufer der Bitte nach. „Hey, das ist aber nicht okay!“, platzt es aus mir heraus. „Das Brot wollte ich auch! Der stand ja nicht mal dafür an.“ Mein Herz schlägt bis zum Hals. Stille. Der Verkäufer schließlich entschuldigend: „Soll ich rausgehen, ob ich ihn noch sehe?“ „Nein“, antworte ich panisch, das geht mir doch zu weit. Zudem höre ich ihn angesichts meiner Kleinlichkeit schon höhnisch lachen. Ich sage noch einmal, dass ich das echt blöd fand, und ziehe ab. Als Dorftrottel ohne Brot im Haus.

Kaum daheim, bin ich vor allem auf mich selbst stinkig. Ich kenne das ja schon: Ich ärgere mich über jemanden, mache meinem Unmut etwas zu spontan Luft, es endet in einem kleinen Drama. Der Verkäufer ist bestürzt, und ich selbst vollkommen durcheinander durch meine Zornesattacke, die mich wütend macht und zugleich beschämt und am Ende mit einem miesen Gefühl zurücklässt.

Am nächsten Tag – in meinem Coworking­-Büro – halte ich mich dagegen zu sehr zurück. Meine Kollegin, die recht dominant ist, schlägt vor, den (eigentlich vorübergehenden) zusätzlichen Arbeitsplatz zur Dauereinrichtung zu machen. Wenn wir den vermieten, würde es für jeden günstiger, so ihr Argument. Zögernd sage ich, dass es dann aber…

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Nr. 1/2018