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Kultur

Neun persönliche Fragen an Juli Zeh

Auch ihr neuer Roman ist wieder ein Bestseller – dabei dachte sie lange, Schreiben wäre gar kein Beruf. Warum die Schriftstellerin am liebsten alleine ist, ihre erste Liebe ihr noch immer viel bedeutet und sie sich wünscht, nicht mehr wegen Kleinigkeiten so auszurasten

KAI MÜLLER
von
Janis Voss
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Kultur

Frage 1: Wo fühlen Sie sich zu Hause?

Ich bin in der Stadt aufgewachsen, aber meine Eltern sind an den Wochenenden mit uns – mit mir und meinem Bruder – gern aufs Land rausgefahren. Ich war ein Naturkind. Nirgends habe ich mich so wohlgefühlt. Irgendwann hatten wir ein Wochenendgrundstück, wo ich barfuß durch Wiesen und Wälder laufen konnte. In meiner Erinnerung hocke ich auf dem Boden und wühle mit den Fingern in der Erde. Ich betrachte Schnecken, verfolge Ameisen. Das sind Momente, in denen ich glücklich war.

Irgendwann entdeckte ich mit meinem Mann wieder so ein Landhaus in der Zeitung, wir sahen es uns spontan an und beschlossen noch am selben Abend, es zu kaufen. Es war eine Bruchbude. Aber wir waren Hals über Kopf verliebt – und seit wir da draußen sind, wollen wir nicht mehr zurück in die Stadt. Es reicht, das Fenster zu öffnen, um die Wälder zu riechen und die Vögel zu hören. In unserer 300-Seelen-Gemeinde bin ich unter Leuten, die ich sonst niemals kennengelernt hätte. Diese Beziehungen sind mir sehr wichtig geworden.

Dass ich mir mit diesem Haus einen Kindheitstraum erfüllt habe, wurde mir erst sehr viel später klar. Ich hatte mir gerade ein Pferd gekauft, da sagte meine Mutter: „Jetzt hast du dir deine eigene Villa Kunterbunt erschaffen.“ Es stimmt.

Frage 2: Welche Person hat Ihr Leben am meisten geprägt?

Der erste Junge, in den ich unsterblich verliebt war.…

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Nr. 3/2016