Lesezeit 14 Min
Gesellschaft

Mama, hab mich endlich lieb!

Zuletzt wurde viel über Frauen geredet, die wünschten, sie wären nie Mutter geworden. Doch wie geht es den Kindern, wenn zu Hause die Liebe fehlt? Warum gerade Töchter darunter leiden – und wie sie trotzdem glücklich werden

SCOTT LOWDEN
von
Marieke de Wit
Lesezeit 14 Min
Gesellschaft

Es war nicht leicht mit uns, Mama und mir. Damals, als ich 17 war und noch bei ihr lebte. Sie hatte kaum Freunde und Bekannte – nach 15 Jahren als Alleinerziehende mit zwei Kindern waren fast alle ihre sozialen Kontakte eingeschlafen. Mein Bruder wohnte inzwischen bei meinem Vater. Also gab es nur noch mich: ihre brave Gymnasiastin, die genau verstand, was sie brauchte, die immer ein Ohr für sie hatte. Ihre Welt. Ja, eigentlich der einzige Mensch, den sie um sich haben wollte. Das engte mich ein, ich fühlte mich verantwortlich, wollte weg. Und ging.

Sie ließ mich ziehen. Blickte nicht zornig zurück. Bedrängte mich nicht. Sie kam allein zurecht und blieb einfach meine Mutter, jetzt nur mit ein wenig mehr Abstand.

Ab und an kritisierte ich in dieser Zeit, wie sie das mit mir in meiner Kindheit und Jugend angegangen war. Hätte es nicht besser laufen können? Vielleicht, aber das macht nichts. Im Grunde war das Verhältnis zwischen uns gut.

Tiefe Verbundenheit

Ich konnte mich im rechten Moment von ihr abnabeln und meinen eigenen Weg suchen, was uns am Ende ermöglichte, eine ganz normale, gesunde Mama-Tochter-Beziehung aufzubauen. Zum Glück. Denn die psychologische Literatur betrachtet die Bindung zur Mutter als äußerst entscheidend für Frauen. Das Verhältnis zur ihr ist wichtig für die Entwicklung der eigenen Identität und dafür, gesunde Beziehungen führen zu können. Es bedingt das Selbstvertrauen der Tochter und ihr allgemeines Wohlbefinden.

Aber es ist eben auch eine konfliktträchtige Beziehung, geprägt von komplizierten Vorgängen, da ist sich Gerrie Reijersen van Buuren, Therapeutin für kontextuelle Therapie und Systemtherapie, sicher. Sie konzentriert sich in ihren Sitzungen daher besonders auf den Einfluss, den Familienbeziehungen haben. „Bis zum Alter von neun oder zehn Monaten nehmen Kinder keinen Unterschied…

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Nr. 2/2016