Lesezeit 14 Min
Kultur

Essen wie ein Römer

Es gibt tausend Pizzerien und Pasta an jeder Ecke. Aber was zeichnet die römische Küche aus? MERIAN-Redakteur Jonas Morgenthaler ging auf eine kulinarische Entdeckungsreise, die ihn zum Schwärmen brachte. Von geschmorten Ochsenschwänzen, süßen Pizzen und der besten Carbonara der Welt

ANDREA DI LORENZO
von
Jonas Morgenthaler
Lesezeit 14 Min
Kultur

Das Grauen wartet in einer Gasse wenige Meter von der Piazza Navona entfernt. Neben einer Tafel (acht Euro für eine Pizza Margherita mit Bier oder Cola) liegt auf einem Tischchen eine Beispielpizza. Regentropfen weichen sie langsam auf, spülen Käse und Tomatensauce weg. Daneben ein Teller Schnitzel mit Pommes. Sicher wird man hier satt. Und durch den immerwährenden Besucherstrom sind auch Gäste garantiert. Aber für mich verkörpert diese Pizza genau das, was ich nicht will: mittelmäßige Gebrauchsküche für Gäste, die ohnehin nicht wiederkehren. Ich suche echten Genuss: Ich will essen und trinken wie ein Römer.

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So schmeckt die Arbeit: Unser Autor mit einem Teller Rigatoni alla carbonara im »Flavio al Velavevodetto«

Caffè und Cornetto

Morgens verzichte ich auf das immer gleiche »continental breakfast« und gehe in die nächste Bar oder Bäckerei für das typisch italienische Frühstück: einen caffè (also einen Espresso, der in Italien aber nicht so genannt wird) oder Cappuccino im Stehen, dazu ein cornetto, ein Hörnchen, das auch ohne Marmelade immer süß genug ist. »Panella« ist einer dieser wunderbaren Orte italienischer Kaffeekultur. Schon draußen duftet es nach dem frischen Gebäck, das drinnen oft noch leicht warm die Regale füllt. Wie in Rom üblich bezahle ich zuerst und gehe mit der Quittung zum Tresen, wo wie ein Schrein die silbern glänzende Kaffeemaschine in die Höhe ragt, ein blitzblank poliertes Zehntausend-Euro Prachtstück mit goldenem Adler auf der Spitze. Mit flinken Händen drücken dahinter die baristi den Kaffee im Siebträger fest, stellen Untertassen bereit, schäumen Milch. Sie sind blitzschnell, aber finden immer Zeit für einen Scherz oder speziellen Wunsch. Die Römer frühstücken schnell, wirken aber kaum gehetzt. Die Tische, an denen der Kaffee oft ein Vielfaches kostet, überlassen sie den Touristen.

Eine Ausnahme ist da…

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Nr. 5/2015