Ein freies Elektron, verglüht
Ein Vierteljahrhundert lang war der Amerikaner Alex du Prel Tahitis Gewissen und Opposition. Mit seinem Tod werden die regierenden Cliquen es leichter haben.
Es hatte etwas Anrührendes, ihm bei der Arbeit zuzusehen. Hoch über der Cook’s Bay von Moorea, Tahitis schöner Schwester, saß Alex du Prel in seinem „Bunker“, wie er die bescheidene Hütte auf seinem Anwesen nannte, und schrieb sich mit der Kraft eines Sisyphos seine Wut aus dem Bauch.
Wut auf die Nepoten in Französisch-Polynesien, auf die verhängnisvolle Allianz, die das Mutterland den Inselchen im Pazifik oktroyierte. Auf die Unsummen, mit denen es, als Entschädigung für die Atomtests, seinen Kindern so lange die Mäuler stopfte, bis sie verstummten. Auf den Verlust einer Kultur, die er im Lauf seines zweiten Lebens in Tahiti lieben gelernt hatte. Er wollte nicht teilnahmslos zusehen, wie der postkolonialistische Mammon die Inseln seiner Sehnsucht zur Unkenntlichkeit deformierte.
Neben Wut war ihm tiefe Zuneigung zu Menschen Antrieb. Alex, wie ihn alle nannten, dokumentierte hingebungsvoll kleine und große Ereignisse, archivierte Fotos, Bücher, ganze Legate und schrieb bezaubernde Kurzgeschichten über den Alltag im Paradies (die auch auf Deutsch erschienen). So wurde er, ungeahnt, in 25 Jahren zum Gedächtnis des Südpazifiks, mehr als jedes ethnologische Institut.
Alexandre Walter du Prel, Marquis d’Erpeldange, 1944 in Wien in alten Adel geboren, war von einem Geist im Aussterben. Sein Kosmopolitismus hielt ihn zeitlebens frei von kleinem Denken. Sechs Sprachen lernte er, in dreien, darunter Tahitianisch, schrieb er…