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Fernweh

Auf Sand gebaut

Er sieht aus wie ein Rockstar und nennt sich selbst „Immobilienkünstler“. Frank McKinney realisiert die Träume der Superreichen an Floridas Atlantikküste und will dabei doch nur Gutes tun.

onefox / pixabay.com
von
Martina Wimmer
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Fernweh

Tom Carliccio schwitzt. Kleine Perlen bilden sich auf der Stirn, sickern durch sein strahlend weißes Leinenhemd. Es ist ein durchschnittlich schöner Novembertag im Süden Floridas, 28 Grad, 70 Prozent Luftfeuchte, aber Carliccio ist es nicht gewohnt, in der prallen Sonne zu stehen und auf einen Bus zu warten. Vielleicht sehnt er sich nach New York zurück, wo er mit Immobilien sein Geld gemacht hat und zu dieser Zeit ein kühler Herbstwind durch die Häuserschluchten pfeift. Dort, wo Carliccio seit Kurzem wohnt, in Gulf Stream, Palm Beach County, Florida, rufen Anwohner die Polizei, wenn ein fremdes Auto die privaten Straßen befährt.

Carliccio schließt kurz die Augen, seine Lider flattern, wenn er spricht, die Worte kommen schleppend: „Ich fühle mich so deprimiert. Ich bin auf der Suche, aber ich weiß nicht, wonach. Vielleicht kann ich es hier finden.“ Er lässt die Schultern hängen, Carliccio wirkt, als könnte er sich demnächst einfach auflösen vor Langeweile. Seine Frau Carol hakt sich energisch bei ihm unter, als würde sie genau das befürchten, und zwitschert fröhlich: „Ich habe von Franks Seminar auf Facebook gelesen und dachte: Das ist doch einmal eine andere Art, seinen Samstag zu verbringen.“ Carol vertreibt sich sonst die Zeit mit Schmuckdesign.

„Frank McKinney’s ‚Aspire‘ Event. A Moving Conference“.  50 handverlesene Teilnehmer, 500 Dollar je Person, VIP-Level mit Zugabe am Lagerfeuer für 250 Dollar Aufschlag. Der Gegenwert: einen Tag lang lernen von einem der „innovativsten, erfolgreichsten, einzigartigsten und erleuchtetsten Menschen unserer Zeit“. So stand es in der Ankündigung. Außerdem im Programm: die „Lassen-Sie-Ihre-Angst-im-Sarg-Übung“. Frank McKinney ist kein großer Mann, aber durchtrainiert, das Hemd mit den Glitzersteinen spannt über der Brust, die kräftigen Oberschenkel sitzen stramm in einer Stonewashed-Jeans, seine lange Haartracht changiert zwischen Orangerot und Burgunder. Das Gesicht mit den stechend grünen Augen ist ebenmäßig tief gebräunt, mög­licherweise hat er für den besonderen Anlass ein wenig Make-up aufgelegt. Frank McKinney sieht aus wie ein Heavy…

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No. 123, August/September 2017