Lesezeit 18 Min
Kultur

Tote leben nicht

Dieser Text ist zwingend in der jeweiligen landsmannschaftlichen Mundart des Lesers zu lesen, und zwar mitnichten still, sondern mezzoforte, hard boiled, ma non troppo, sondern mit sanftem Resignato – andernfalls Burnout droht oder Mumps.

STEPHANIE WUNDERLICH
von
Frank Schulz
Lesezeit 18 Min
Kultur

Frank Schulz

geb. in 1957 in Hagen bei Stade. Studium der Germanistik und Psychologie in Hamburg. M.A. 1991 Debütroman Kolks blonde Bräute (I. Teil der „Hagener Trilogie“) im Haffmans Verlag, Zürich. Diverse Veröffentlichungen u.a. 2012 Onno Viets und der Irre vom Kiez im Verlag Galiani Berlin. 2015 Onno Viets und das Schiff der baumelnden Seelen im Verlag Galiani Berlin.

Vorwort des Verfassers

Der Alltag, wenn nicht das Dasein, ja Schicksal eines Schriftstellers ist nicht leicht. Schlägt der beneidenswerte Durchschnittsbürger, ohne auch nur mit der Wimper des schlechten Gewissens zu zucken, die ein oder andere Stunde seines Lebens aus lauter Daffke gern einfach mal tot, muß der Schriftsteller, will er nicht der ewigen Verdammnis anheimfallen, jede Sekunde seines Lebens mit Sinnsuche füllen. Was sage ich, ,Sinnsuche’! Sinnstiftung!

Nicht, daß es sich bei dem vorliegenden Werk um einen (womöglich auch noch ,faulen’) Kompromiß handelte, o nein, Sir. (Für Ladies – Hautpflege hin und her –, ist das hier eh nichts, Gott befohlen. Sagen Sie nicht, ich hätte Sie nicht gewarnt!) Jahrzehntelang hat der Unterzeichnete – anstatt süßliche Schwedenkrimis zu produzieren – mit diesem spröden, unbequemen Stoff gerungen. Hat, gefesselt an seine Feder, dem Sirenengejaul der Esoterik gelauscht. Ist zwischen Skylla und Charybdis ohne Nasenklammer ins Quellenstudium abgetaucht (i.e. Carmen Thomas, Ein ganz besonderer Saft – U***). Hat mit glühender Resignation den endgültigen Einzug der Urea in die Apotheken des Freien Westens registriert, ebenso wie die historische Entwicklung vom vulgären Immortalismus in der untoten BRD bis zum heutigen smarten Transhumanismus in einer globulisierten Welt.

Was er dabei sehen, erdulden und dings, na rauf- und runterzwiebeln mußte, der arme, rapide gealterte Verfasser, kann sich kein fühlender Mensch vorstellen. Und wenn, dann nur unter Umgehung jedweden sittlichen Anstands. Tabubruch, Tabubruch – das ist so rasch dahergesagt. Doch was es wirklich bedeutet, den Kampf immer wieder aufzunehmen, oder wenigstens letztes Gefecht, und zwar mit den niedersten, ha: beschämendsten Mitteln (Untenrumsachen, Kalauer, akute Anakoluthe u.v.a.), welche die sonst doch gern so höchmögende Rhetorik, sprich Gramma-, Seman- und Semiotik uns anheimzustellen…

Jetzt weiterlesen für 0,59 €
No. 82