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Philosophie

Die Schule der Revolutionäre

Mit kritischem Denken traten die Philosophen der Frankfurter Schule gegen die Blindheit, Entfremdung und Verdinglichung des Menschen in gesellschaftlichen Systemen an. Was können wir von ihnen lernen?

Jjshapiro at en.wikipedia [CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0) or GFDL (http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html)], from Wikimedia Commons
von
Thomas Vašek
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Philosophie

Es gibt kein richtiges Leben im falschen.« Das ist einer dieser Hammersätze, die mich seit meiner Jugend begleiten. Wenn man mich fragen würde, was ich mit der Frankfurter Schule verbinde – es wäre dieser eine Satz, geschrieben von Theodor W. Adorno in seinen »Minima Moralia«. Heute denke ich, es ist ein falscher, unsinniger Satz. Sein Pathos ist mir fremd geworden. Und dennoch spüre ich noch immer seine Kraft. In seiner Unwahrheit scheint mir eine tiefere Wahrheit zu liegen. Natürlich kann man auch unter den Bedingungen der kapitalistischen Gesellschaft »richtig leben«. Aber ist dieses Leben nicht dennoch falsch, weil es unter seinen Möglichkeiten bleibt – weil es sich letztlich doch immer innerhalb jener Grenzen bewegt, die uns das »System« vorgibt?

Wenn es eine gemeinsame Idee jener Denker gibt, die man gemeinhin der »Frankfurter Schule« oder »Kritischen Theorie« zurechnet, dann ist es die Gesellschaftsveränderung, um die unausgeschöpften Potenziale des Menschen zu realisieren. Eine wahrhaft »kritische« Theorie, so dachten sie, muss auch »praktisch« sein, sie darf sich nicht darin erschöpfen zu erklären, was in einer Gesellschaft falsch läuft, sie muss auch auf rationale Weise sagen können, wie die Verhältnisse sein sollen. Die Frankfurter Schule hat zwar kein utopisches Gegenmodell geliefert. Aber es ging ihren Protagonisten stets darum, jenen »Verblendungszusammenhang« (Adorno) aufzudecken, in dem unsere Sicht auf die gesellschaftlichen Verhältnisse gefangen ist. Um überhaupt etwas verändern zu können, müssen wir also zuerst einmal durchschauen, wie sehr unser Denken selbst durch das System geprägt ist. Menschen zu dieser…

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Nr. 2/2016