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Wirtschaft

»Die Moralisierung wirtschaftlichen Handelns ist pervers und verlogen.«

Manche nennen ihn den »Management-Guru«: Reinhard K. Sprenger studierte Philosophie, Psychologie, BWL, Geschichte und Sport und ist heute einer der einflussreichsten Unternehmensberater. Wir sprachen mit ihm darüber, was erfolgreiche Führung zu tun und zu lassen hat.

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von
Rebekka Reinhard
und
Thomas Vašek
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Wirtschaft

Winterthur, nahe Zürich gelegen, ist ein Ort, den man nicht unterschätzen darf. Hier befindet sich nicht nur das Museum Oskar Reinhart mit Werken von so berühmten Künstlern wie Caspar David Friedrich, Max Liebermann oder Giovanni Giacometti; in Winterthur lebt auch der in Wirtschaftskreisen nicht minder bekannte Unternehmensberater Reinhard K. Sprenger, Autor von »Das anständige Unternehmen« und anderen Bestsellern. Das puristische Interieur seines Anwesens spiegelt seine professionellen Ideale wider: kein Firlefanz, kein Schnickschnack, nur unmissverständliche, ideologiefreie Direktheit. Kein Wunder, dass die Vorstände und Aufsichtsräte fast aller Dax-100-Unternehmen auf seine Expertise vertrauen und seine messerscharfprovozierenden Analysen nutzen, um groß angelegte Veränderungsprozesse in Gang zu setzen. Der über »Nationale Identität und Modernisierung« promovierte Philosoph kennt die Welt der Unternehmen wie seine Westentasche, nicht zuletzt durch seine mehrjährige Tätigkeit im operativen Geschäft. Im HOHE LUFT-Interview erklärt uns Sprenger, wie sehr Unternehmen von Konformitätszwängen beherrscht werden, warum Führen kein »individuelles Heldentum« ist, sondern Distanz braucht – und warum Anstand wenig mit Moral zu tun hat.

HOHE LUFT: Herr Sprenger, Sie sind promovierter Philosoph und zugleich einer der erfolgreichsten Unternehmensberater. Welchen Status hat die Philosophie für Sie in Ihrem Beruf?

Reinhard Sprenger: Ich wende die Philosophie an auf eine Lebensrealität, die die meisten Menschen jeden Tag erleben, auf ihren Arbeitsplatz. Und da hat die Philosophie einen Riesenvorteil, etwa gegenüber der Psychologie. Die Psychologie droht, die Philosophie hält Abstand. Sie sagt, das kann man so sehen oder anders. Wenn man die…

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Nr. 4/2016