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Philosophie

Der k(l)eine Unterschied

Gibt es eine spezifisch weibliche Moral, sei es in der Führung von Unternehmen oder in jeglichen anderen Spitzenpositionen? Und wenn nein – wie macht man damit Karriere?

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von
Rebekka Reinhard
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Philosophie

Männer bestimmen, was auf dieser Welt geschieht. Sie vergewaltigen, führen Kriege und okkupieren die Vorstandsposten der Dax-30-Unternehmen. Ein kurzer Blick in die Geschichtsbücher genügt, um festzustellen: Der Mann ist eine Bestie. Wären die Lehman Brothers nur eine Unterabteilung der Lehman Sisters gewesen, hätte es nie eine globale Finanzkrise gegeben. Frauen sollten überall an der Spitze stehen! Denn sind sie nicht irgendwie das moralischere Geschlecht? Nach den Erkenntnissen der Neurobiologie besitzen sie jedenfalls eine durchschnittlich größere Empathie- und Kooperationsfähigkeit als Männer. Im Unterschied zum testosterongesteuerten Mann verfügt die Frau über ein Mehr an Oxytocin, also jenem Hormon, das einfühlsames und vertrauensvolles Verhalten befördert. Woraus man folgern könnte: Frauen sind die geborenen Pazifistinnen und Förde rinnen einer gewaltfreien Welt! Und hat nicht »Unternehmensphilosoph« Roger Steare durch seinen »moralischen DNA-Test« nach gewiesen: Die Moral ist weiblich – da Frauen ehrlicher, einfühlsamer, gemeinschaftsbezogener sind als Männer?

Doch ganz so einfach ist die Sache nicht. Wer meint, Moralität ließe sich rein biologisch, aus einem bloßen Sein heraus begründen, vertritt einen ethischen Naturalismus – und verteidigt somit streng genommen einen vormoralischen (oder quasimoralischen) Moralbegriff. Denn Fähigkeiten wie Empathie und Kooperation mögen zwar das Zusammen leben der Menschen erleichtern, sie…

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