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Fernweh

Reise in eine andere Welt

In der Mongolei kann man mit dem Pferd durch die Steppe galoppieren, Yaks melken und nachts in der Jurte schlafen: Eine Woche hat unsere Redakteurin bei nomadischen Gastfamilien gewohnt. Ein Urlaub ohne Strom – aber mit der Zauberkraft der Natur

DavidRebata / Shutterstock.com
von
Miriam Böndel
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Fernweh

Egal, wie doll ich ziehe und drücke, es passiert einfach nichts. Nur meine Füße werden immer kälter an diesem sehr frühen Morgen. Ich rücke den Hocker noch näher an die Yak-Kuh, lege meinen Kopf an ihren Bauch und atme den warmen Duft ein. Noch mal. Endlich schlägt ein Tropfen auf den Boden des Zinkeimers. Urnaa lacht. Sie greift nach den Zitzen und schon macht es zisch, zisch. Als Nomadenfrau habe ich versagt, meine Familie müsste hungern, es gäbe keinen Brotaufstrich, keinen Joghurt, keinen Käse. Urnaa ist auf die Milch angewiesen. Ich mache ihr wieder Platz, schließlich kann man in der mongolischen Steppe nicht mal eben zum Supermarkt.

Inzwischen klettert langsam die Sonne über den Berg und taucht das Tal in ein warmes Gold. Ein zarter Nebel schwebt über dem Boden. Urnaas Schwester ist zum Helfen gekommen, sie sitzt auf ihrem Pferd und treibt die letzten Yaks zum Melken. Sie sind spät dran, ein Teil der Herde bricht schon wieder auf. Zwischen den Kälbern übt sich Urnaas dreijährige Tochter im Hüten. Der siebenjährige Sohn lebt im Internat, auch Nomadenkinder müssen seit ein paar Jahren zur Schule. Urnaa findet das gut. „Aber für mich stand immer fest, dass ich die Tradition meiner Eltern fortführen will“, sagt die 27-Jährige. Egal, wie sehr ihr Vater versucht habe, sie davon abzubringen. Ein Drittel der Menschen in der Mongolei leben als ziehendes Volk. Viermal im Jahr wechseln sie mit ihren Tieren den Standort.

Ich bin nur zu Gast, trotzdem…

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Nr. 12/2016