Lesezeit 13 Min
Verbrechen

Minen im Sand

Der Sturm auf die syrische IS-Hochburg Rakka hat begonnen. Kurdische Kämpfer wollen die Islamisten besiegen – und den Norden des Landes erobern.

ALICE MARTINS / DER SPIEGEL
von
Christoph Reuter
Lesezeit 13 Min
Verbrechen

Nur ein paar Vögel sind zu hören und das Krächzen der Funkgeräte: "Clara an Guevara, bitte kommen! Guevara! Hier Basis Clara, bitte melden!" Lauscht man länger, meldet sich auch noch Rosa Luxemburg, während Clara Zetkin weiterhin auf Che Guevara wartet.

Es klingt, als hätten sich die Revolutionsidole vergangener Epochen zum Klassentreffen im Äther verabredet. Und zwar mitten in der Steppe Nordsyriens, keine zehn Kilometer von Rakka entfernt, der ersten Großstadt, die der "Islamische Staat" (IS) seit Januar 2014 kontrolliert. Und der einzigen, die er immer noch hält, – anders als seine Metropole Mossul im Irak, die gerade bis auf die letzten Viertel der Altstadt zurückerobert wird.

Es ist Ende Mai, kurdische Kämpfer bereiten den Sturm auf Rakka vor. Noch klingt es hier nicht nach Krieg. Aber der Funkverkehr der Dschihadisten, die regelmäßig die Vernichtung aller Ungläubigen ankündigen, sei spärlicher geworden, sagt ein kurdischer Funker: "Die haben zu viel Angst vor der Ortung und den Luftangriffen der Amerikaner." Dann versucht er wieder, Che Guevara zu erreichen. "Wir lieben Revolutionäre", sagt er, zählt einige auf, hält kurz inne und versichert dann ungefragt: "Stalin ist nicht dabei!"

Männer und Frauen in Camouflagekampfanzügen laufen durch den Innenhof des beschlagnahmten Bauernhofs. Mit Schlamm getarnte Pick-ups fahren Munition und Lunchpakete zu den vorderen Linien, bringen erschöpfte Kämpfer zurück. Männer wie Frauen sitzen rauchend im Schatten auf der Terrasse, die meisten bewaffnet mit Kalaschnikows.

Vor wenigen Tagen noch rückten sie langsam Richtung Rakka vor, am Dienstag hat nun die seit Langem vorbereitete Großoffensive auf die wichtigste Bastion des IS in Syrien begonnen. Mehrere Kampfeinheiten eroberten…

Jetzt weiterlesen für 0,91 €
Nr. 24/2017