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Politik

Wer küsst wen und wann und wo?

1998 wurde zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik eine Regierung abgewählt. 2017 gab es erstmals keine

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von
Arno Widmann
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Politik

Es war 1957, als ich in Frankfurt am Main das erste Mal in dem neuen Fach "Sozialkunde" unterrichtet wurde. Unser Lehrer versuchte, uns zu erklären, dass wir in einer Leistungsgesellschaft - das Wort gebrauchte er meiner Erinnerung nach nicht - lebten, dass also ganz oben die Bestqualifizierten sitzen und ganz unten die Schlechtqualifizierten. Wir sollten also sehen, dass wir gute Noten bekämen. Er verstieg sich zu der Erklärung, der Justizminister sei einfach der beste Jurist eines Landes. Dabei wussten wir alle, dass der frisch ernannte Justizminister im Kabinett davor Finanzminister gewesen war, also - wie wir einwandten - Beleg für eine großartige Mehrfachbegabung.

Vom selben Sozialkundelehrer erfuhren wir auch, dass wir in einer Demokratie lebten. Demokratie ist die Staatsform, in der das Wahlvolk eine Regierung bestätigt oder abwählt. Er erklärte uns das so: Alle vier Jahre stellt sich die Regierung der Wahl, und wenn das Volk unzufrieden ist, dann kommt eine andere Partei an die Regierung. Das war von 1949 bis 1957 noch nicht einmal geschehen.

Das erste Mal geschah das im Jahre 1998, also einundvierzig Jahre später. Bei den Wahlen am 27. September 1998 trat das erste Mal in der Geschichte der Bundesrepublik der Fall ein, dass eine Regierung in freien Wahlen durch den Souverän abgewählt wurde und eine neue Koalition an die Macht kam. Damals löste Rot-Grün Schwarz-Gelb ab. Der vorgebliche Normalfall ist die seltene Ausnahme. Wir hatten Jahrzehnte…

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25.11.2017