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Gesellschaft

Wenn Kinder verschwinden

Mehr als 5 000 minderjährige Flüchtlinge werden in Deutschland vermisst. Eine Spurensuche in Berlin

Procyk Radek / Shutterstock.com
von
Julia Haak
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Gesellschaft

Ein Junge aus Syrien verschwindet aus einem Neuköllner Heim. Er ist allein nach Deutschland gekommen, ohne Eltern. So steht es jedenfalls in den Akten. Als der Teenager auch nachts nicht zurückkommt, melden seine Betreuer ihn bei der Polizei als vermisst. Das ist in vielen ähnlichen Fällen dann die letzte Spur, die ein solches Flüchtlingskind in deutschen Behördenakten hinterlässt. Nach 48 Stunden meldet das Heim den Platz wieder als frei bei der zuständigen Verwaltung.

In diesem Fall hat der Junge bei seinen Neuköllner Betreuern immerhin noch mal angerufen. "Er hat gesagt, er sei in München bei Freunden. Wir sollen uns keine Sorgen machen", sagt Daniela B., die Leiterin der Johanniter-Einrichtung. Die Johanniter betreiben in Berlin drei Heime für Flüchtlingskinder ohne Eltern. Vielleicht ist der Jugendliche tatsächlich in München, vielleicht auch nicht. Niemand wird es nachprüfen.

Der Junge ist einer von knapp 70 000 unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen, die zurzeit in Deutschland leben. 2 800 von ihnen wohnen in Berlin. Sie leben in 30 verschiedenen Einrichtungen über das ganze Stadtgebiet verteilt.

Nach Registrierung verschollen

Das sind diejenigen, die noch da sind. Tausende sind allerdings verschwunden. Viele haben, so wie der Junge, in Heimen gelebt. Manche sind auch gleich nach ihrer Registrierung verschollen. Allerdings nur die leibhaftigen Personen. In den Behördenakten leben sie als Vorgänge weiter…

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06.05.2016