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Politik

„Unser Aufnahmesystem ist ungerecht und absurd“

Die Vorsitzende des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Barbara John, fordert eine Änderung der bisherigen Flüchtlingspolitik in Deutschland. Das bisherige Verfahren helfe den Betroffenen zu wenig und gefährde die Autorität des Staates, sagt sie im Gespräch mit der Berliner Zeitung. Und schlägt ein neues Verfahren vor.

By Heinrich Böll Stiftung from Berlin, Deutschland (Prof. Barbara John) [CC BY-SA 2.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0)], via Wikimedia Commons
von
Christine Dankbar
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Politik

 

Zum Interview empfängt Barbara John die Berliner Zeitung in ihrem Büro im beim Paritätischen Wohlfahrtsverband in Wilmersdorf. Obwohl sie die Vorstandsvorsitzende ist, hat sie nur ein recht kleines Büro. Es ist zu klein für den Fotografen. Er bittet Barbara John für die Fotos in die Lobby des Hauses. Kurzerhand wird das gesamte Interview dorthin verlegt.

Frau John, kürzlich hat es in der Stadt Ellwangen einen Polizeieinsatz mit mehr als hundert Beamten gegeben, um einen Asylbewerber in Abschiebehaft zu nehmen. Wie bewerten Sie das?

Das reiht sich ein in viele Versuche, Abschiebungen zu verhindern. In Ellwangen waren es Asylbewerber. Es gab schon andere Unterstützer, beispielsweise Mitschüler, Arbeitskollegen, Flüchtlingshelfer, die sich schützend vor vollziehbar Ausreisepflichtige gestellt haben oder Abzuschiebende gewarnt haben, damit sie kurzfristig ihren Aufenthaltsort wechseln konnten. Das kommt in bestimmten Kreisen rüber als berechtigter Widerstand gegen die Verweigerung, allen Flüchtlingen ein Bleiberecht zu gewähren. Situatives Mitleid ist zwar ein sympathischer Zug. Aber in diesen Fällen maßen sich die Helfer an, selbst zu entscheiden nach dem Motto, wer hierbleiben darf, bestimmen wir, nicht die staatlichen Gesetze. So wird das großzügige, verbriefte deutsche Asylrecht langsam ausgehebelt. Wie schon bei der Einreise verliert der Staat auch hier mehr und mehr die Kontrolle. Er kann Abschiebungen immer weniger…

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19.05.2018