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Fernweh

Schnee-Schicht

Er weiß, welches Kristall wohin gehört: Seit 27 Jahren ist Thomas Schultes Pistenbully-Fahrer im Tiroler Pitztal. In Winternächten präpariert er die Pisten für die Skifahrer am Hochzeiger. In dieser Saison geht das besser als sonst: Es gibt Naturschnee

BERLINER ZEITUNG / BETTINA COSACK
von
Bettina Cosack
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Fernweh

Jerzens. Wenn die Sonne sinkt, schwebt Thomas Schultes himmelwärts. Er reist mit der Gondel hinauf zur Mittelstation des Skigebiets Hochzeiger. Wenn er aus dem Gondelfenster nach unten schaut, sieht er die Skiläufer auf der weißen Talabfahrt die letzten Schwünge des Tages machen, sieht, wie sie mit den Metallkanten ihrer Bretter harte Linien in den Schnee schneiden, wie sie die Schneekristalle von der Piste schaben und zu kleinen Haufen zusammenschieben. Wenn sich die Dunkelheit wie eine schwarze Decke über das Hochplateau gelegt hat, wird Thomas Schultes all das, was die Skifahrer in Unordnung gebracht habe, reparieren. Gegen Mitternacht wird wieder Ordnung herrschen unter den Gipfeln von Hochzeiger und Sechszeiger. Seine Ordnung.

Thomas Schultes, 47 Jahre alt, ist Pistenbully-Fahrer. Geboren worden ist er im Dorf Jerzens, direkt unter dem Hochzeiger gelegen, in Jerzens wohnt er immer noch. Hier hat er das Skifahren gelernt und all das, was er über den Tiroler Schnee weiß. Seit 27 Jahren präpariert er diesen Schnee, genau hier am Hochzeiger im Pitztal. Er ist ein Mann mit Sinn für Beständigkeit. Ein Mann, der weitermacht in einem Tal, das weiter auf den Skisport setzt - auch in Zeiten des Klimawandels, in denen viele den Sinn des hergebrachten Pistentourismus' bezweifeln. Einer, der weitermacht, weil vom Schnee und von den Touristen sein Auskommen und das vieler anderer Menschen im Tal abhängen. Und weil er gern oben ist, oben auf dem Berg.…

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02.02.2018