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Politik

Programmänderung

Eigentlich möchte Sigmar Gabriel auf seiner Sommerreise an diesem Tag Sachsens Glanz besichtigen. Doch nun macht er einen Abstecher nach Heidenau an der Elbe, wo er mit Sachsens Schande konfrontiert wird

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von
Karl Doemens
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Politik

HEIDENAU. Nur wenige Meter trennen die Frau mit dem Fahrrad und den jungen Mann aus Afghanistan auf dem Parkplatz vor dem ehemaligen Baumarkt. Die freundliche Frau, die ihren Namen dann lieber doch nicht nennen möchte, wohnt in Heidenau. Der 20-jährige Hassan ist vorgestern mit dem Bus angekommen. Beide haben gehört, dass hier gleich irgendein Politiker vorfahren soll.

"Sie hätten mal am Wochenende kommen sollen", sagt die Frau zu den wartenden Journalisten, "da war hier was los!" Nein, sie hat nichts gegen Ausländer. Aber hier in der Flüchtlingsunterkunft? "Ich bin dagegen, dass so viele Kerle kommen", sagt sie. Schließlich sei das Gymnasium nicht weit entfernt: "Es könnte sein, dass sie sich an die jungen Mädchen heranmachen." Deswegen hat sie in der Nacht zum Samstag hier gestanden, bis die Straßenschlacht der NPD-Anhänger mit der Polizei zu wild wurde: "Als die Wasserwerfer kamen, wurde mir himmelangst."

Angst empfand auch Hassan, als er wenige Stunden später mit dem Bus von der stark befahrenen S172 auf das Baumarktgelände einbog. "Wir hörten, was sich am Tag davor ereignet hat", sagt er in stockendem Englisch. "Deswegen haben wir dem Busfahrer gesagt: Bring uns zurück nach Chemnitz. Aber die Polizei sagte, alles sei sicher." Kurz darauf flogen vor dem mit weißer Plane verhängten Zaun um die Notunterkunft wieder Steine, Flaschen und Böller. Verstehen kann Hassan das alles nicht. "Ich dachte, die Menschen hier sind gut", sagt er. Sein Freund…

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25.08.2015