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Kultur

Ich weiß, wer ich bin

Aber was heißt das schon: Ein paar Anmerkungen zu Shakespeare und Cervantes 400 Jahre nach ihrem Tod

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von
Dirk Pilz
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Shakespeare und Cervantes also, zu würdigen in einem Artikel. Jeder vernünftige Mensch verweigert solche Aufträge. Kurt Tucholsky zum Beispiel, ein sehr vernünftiger Mann, soll regelmäßig von einem Albtraum heimgesucht worden sein: Mitten in der Nacht werde er mit dem Auftrag geweckt, am folgenden Tag einen Vortrag über "Goethe als solchen" zu halten. Derlei kann man nur ablehnen. Aber kann man aufhören, die Bücher dieser beiden Herren zu lesen?

Shakespeare und Cervantes starben vor 400 Jahren, nicht exakt am selben Tag, wie es die Legende will. Cervantes verließ uns am 23. April 1616, Shakespeare am 3. Mai; Spanien führte damals bereits den gregorianischen Kalender, England noch den julianischen. Zwei Zeitrechnungen in derselben Welt: Das könnte man für eine Erfindung der beiden Erfindungsgroßmeister halten, wenn es nicht der Wirklichkeit entsprochen hätte. Aber was heißt schon Wirklichkeit: Auch sie will gut erfunden sein, um glaubhaft zu sein. Um nicht irre an ihr zu werden.

400 Jahre ist keine Kleinigkeit. Shakespeare und Cervantes: vor allem Fremde. Cervantes nahm an der Schlacht von Lepanto teil, die linke Hand wurde ihm zerschossen. Wer weiß noch, wann diese Schlacht war, warum sie damals kämpften? Sie war 1571, der Papst und Spanien stritten wider das Osmanische Reich. Diese Schlacht hat die Welt verändert, bis heute, aber das ist für die meisten bloße Vergangenheit, kompliziert, fern.

1 000 Jahre war England römisch-katholisch…

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23.04.2016