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Geschichte

„Es lag eine Lähmung über dem Land“

Hans-Christian Ströbeles Erinnerungen an die RAF und die Schleyer-Entführung am 5. September 1977

By Sargoth (Own work) [Public domain], via Wikimedia Commons
von
Markus Decker
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Geschichte

Der scheidende grüne Bundestagsabgeordnete und frühere RAF-Anwalt Hans-Christian Ströbele erinnert sich an den "Deutschen Herbst". Der 78-Jährige spricht von einem Trauma.

Herr Ströbele, der "Deutsche Herbst" jährt sich in diesen Tagen zum 40. Mal. Finden Sie den Begriff eigentlich gut? Ich finde, er hat so etwas unangemessen Pathetisches.

Der Begriff ist schon gerechtfertigt. Denn dieser Deutsche Herbst war ein deutsches Trauma. Nach den Ereignissen überfiel weite Teile der politisch Aktiven eine Sprachlosigkeit. Viele gingen in Deckung.

Der Deutsche Herbst war demnach einzigartig in der deutschen Nachkriegsgeschichte?

Richtig, der Deutsche Herbst war einzigartig. Es lag eine Lähmung über dem Land. Das hat sich erst in den Wintermonaten mit dem Tunix-Kongress in Berlin aufgelöst. Mich sprechen immer noch Leute an, denen morgens um sechs Uhr von der Polizei die Tür eingetreten wurde, weil man sie für verdächtig hielt. Das waren Erfahrungen, die sie nie ganz losgeworden sind.

Sie selbst waren mittendrin. Sie waren unter anderem Anwalt des RAF-Mitglieds Andreas Baader, der in der Nacht vom 17. auf den 18. Oktober 1977 Selbstmord beging und Sie als "alte sozialdemokratische Ratte" bezeichnet hatte. Welche Erinnerungen haben Sie an diese Zeit?

Da bringen Sie etwas durcheinander. 1977 hatte ich schon über zwei Jahre lang kein Mandat mehr. Ich habe das Mandat für…

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05.09.2017