Lesezeit 8 Min
Politik

In einem fernen Krieg

Schon 22 Jugendliche sind aus dem südfranzösischen Lunel in den Dschihad gezogen. Eine Stadt steht unter Schock - und kann weder einsehen noch verstehen, warum es so weit kommen konnte

By stephane berger (Own work) [CC0], via Wikimedia Commons
von
Axel Veiel
Lesezeit 8 Min
Politik

LUNEL. Er will die Wahrheit wissen, die ganze Wahrheit. Sie wird seinen Sohn Raphael zwar nicht wieder lebendig machen. Aber mit ihr würde sich Laurent Amar vielleicht nicht mehr so verloren fühlen. Wahrheit heißt für ihn: Gewissheit zu haben. Der Franzose will wissen, wer den musisch wie naturwissenschaftlich hochbegabten Informatikstudenten Raphael zum Islam bekehrt, für den Heiligen Krieg angeworben, nach Syrien gelockt, mit 22 Jahren in den sicheren Tod geschickt hat.

Seit Jahren lebt die Familie Amar im Südwesten von Lunel, einem 26 000 Einwohner zählenden Städtchen auf halbem Wege zwischen Nîmes und Montpellier. Südfrankreich zeigt sich hier von seiner schönsten Seite: Schmucke Einfamilienhäuser säumen die Straße. Jasmin wuchert über Natursteinmauern, verströmt süßen Duft. Schirmpinien spenden Schatten.

Wieso hat Raphael dies und die ihm prophezeite Karriere gegen ein Leben im syrischen Deir ez-Zor eingetauscht? In einem Bunker arbeitete der Computerspezialist dort für die Terrorgruppe Islamischer Staat (IS), bis er am 17. Oktober 2014 bei einem Bombenangriff der syrischen Armee ums Leben kam.

Fassungsloser Vater

Als radikalislamischer Nährboden gelten ganz andere Gefilde denn beschauliche Kleinstädte wie Lunel. In Frankreichs Vorstadt-Ghettos pflegen islamische Fanatiker Nachwuchs zu rekrutieren. Um Jugendliche arabischer Herkunft werben sie, denen gesellschaftliche Geringschätzung entgegenschlägt, die sich…

Jetzt weiterlesen für 0,45 €
22.06.2015