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Gesellschaft

Eine Frage der Ehre

Sie waren loyale Offiziere der türkischen Armee. Nach dem gescheiterten Putsch, mit dem sie nichts zu tun hatten, wurden sie entlassen. Und haben alles verloren: Status, Arbeit, Sicherheit. Eine Begegnung mit zwei Gejagten, die jetzt für die Wahrheit kämpfen

schweinalp / pixabay.com
von
Frank Nordhausen
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Gesellschaft

Brüssel. Einst waren sie hochdekorierte, stolze Vertreter ihres Landes. Jetzt sind sie geächtet. Vor einem Jahr nahm das Leben der türkischen Nato-Offiziere Hasan und Cem eine jähe Wendung. Seither haben die beiden Offiziere alles verloren: ihren sozialen Status, ihre Arbeit, jegliche Sicherheit. Von ehemaligen Kameraden werden sie geschnitten, der türkische Geheimdienst jagt sie. Die Offiziere, jahrelang im Nato-Hauptquartier in Brüssel mit geheimen strategischen Operationen betraut, finden sich seit dem gescheiterten Militärputsch in der Türkei vom Juli 2016 in einem Leben wieder, das an einen düsteren Hollywood-Thriller erinnert.

Zum Treffen in einem Brüsseler Hotel kommen Hasan und Cem, beide um die vierzig, nicht in Uniform, sondern in legeren Hosen und Freizeithemden. Aufmerksam prüfen sie die Umgebung, bestehen mehrfach auf einem Ortswechsel. "Wir stehen auf der Feindesliste der türkischen Regierung ganz oben", sagt Hasan, der wie Cem ein fließendes, amerikanisch geprägtes Englisch spricht. "Vor kurzem forderte ein Erdogan-Propagandist im Fernsehen dazu auf, 'Abtrünnige' wie uns zu hetzen. Aber wir sind loyale Offiziere, keine Terroristen!", sagt er entrüstet. Die beiden langjährigen Offiziere, die zum Heer der entlassenen Staatsbediensteten nach dem blutigen Putschversuch mit mehr als 240 Toten zählen, sind für den bewaffneten Kampf ausgebildet worden. Um ihre verlorene Ehre kämpfen sie nun auf einem anderen Feld: dem Internet. In ihrem…

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01.11.2017