Lesezeit 7 Min
Politik

Du liebe Zeit

Als Christian Lindner mit seinen FDP-Gefolgsleuten kurz vor Mitternacht geht, ist klar: Nach wochenlangen Verhandlungen sind die Jamaika-Sondierungen geplatzt. Was hat den Chef der Liberalen zu seinem radikalen Schritt getrieben? Waren es rein taktische Gründe?

Public_Domain_Photography / pixabay.com
von
Markus Decker
,
Timot Szent-Ivanyi
und
Daniela Vates
Lesezeit 7 Min
Politik

Berlin. Plötzlich haben die FDP-Leute ihre Mäntel an. Sie haben ihre Taschen in der Hand, ziehen ihre Rollkoffer hinter sich her. Alle, die ganze Verhandlertruppe. Es ist kurz vor Mitternacht, nicht mehr lang, dann wird der Montag beginnen. In der baden-württembergischen Landesvertretung stehen Unions- und Grünen-Unterhändler zusammen und warten auf die Fortsetzung der Gespräche. Sie blicken irritiert auf den Pulk, der da nach draußen strebt. Die FDP zieht vorbei an den vier Mikrofonen, die vor einer Betonwand bereits aufgebaut sind für ein Statement zum Verhandlungsabschluss. Sie verlässt das Haus durch die großen Glastüren, Parteichef Christian Lindner an der Spitze, zwar ohne Mantel, aber mit einem Zettel in der Hand.

Noch bevor er draußen den Mund aufmacht, ist klar: Das war es mit Jamaika. Wenn ein Gesprächspartner alleine davonstürmt, sind die Verhandlungen geplatzt. Christian Lindner stellt sich vor den Kamerawald, der dort wartet, weil drinnen nicht gewartet werden darf. Um ihn herum scharen sich die liberalen Verhandler mit ernster Miene. Die Generalsekretärin Nicola Beer kneift die Augen zusammen. Es ist fünf Minuten vor 24 Uhr, vielleicht ein Zufall, aber Lindner hat ein gutes Gefühl für Symbolik.

"Es ist besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren", sagt er. Aber das ist sein letzter Satz. Davor verliest er eine lange Erklärung. In diesen Minuten, die viele hinterher als historisch bezeichnen werden, klammert sich der…

Jetzt weiterlesen für 0,44 €
21.11.2017