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Die neue Wildnis in Tschernobyl

Wölfe, Elche und andere Wildtiere sind in die vom Menschen verlassene Unglücksregion zurückgekehrt. Ihre Zukunft ist ungewiss

Fotokon / shutterstock.com
von
Kerstin Viering
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Mal hat die Kamera den aufmerksamen Blick eines Wolfes eingefangen, mal das üppige Hinterteil eines Bären oder die massige Gestalt eines Wisents. Es gibt Bilder von Elch-Müttern, deren Nachwuchs auf langen, dünnen Beinen durch den Birkenwald stakst und von Luchsen, deren geflecktes Fell mit der Landschaft zu verschmelzen scheint. Die stark bedrohten Przewalski-Pferde sind sogar gleich in Herdenstärke an der Linse vorbei getrabt. Von all den Rehen und Hirschen, Wildschweinen und Füchsen gar nicht zu reden. Die großen Säugetiere Europas scheinen geradezu Schlange gestanden zu haben, um sich von Mike Wood und Nick Beresford ablichten zu lassen. Mehr als 155 000 Aufnahmen der verschiedensten Arten haben die beiden Forscher von der University of Salford in Großbritannien im Laufe des vergangenen Jahres zusammengetragen.

Das Überraschende daran ist der Schauplatz des wissenschaftlichen Fotoshootings. Denn das Team hat seine von Bewegungsmeldern ausgelösten Kameras nicht etwa in einem der bekannten europäischen Naturparadiese aufgestellt. Sondern im Umfeld des explodierten Reaktors von Tschernobyl. Ist die Katastrophen-Region 30 Jahre nach dem Unfall also zu einem Refugium für die Natur geworden? Trotzt die Tierwelt der Strahlenbelastung besser als gedacht? "Darüber gibt es unter Wissenschaftlern kontroverse Diskussionen", sagt der Naturschutzbiologe Tobias Kümmerle von der Humboldt-Universität (HU) zu Berlin. Eine Fraktion von Forschern betont, dass die Radioaktivität…

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22.04.2016