Lesezeit 7 Min
Gesellschaft

Das weiße Dreieck

Die meisten Menschen, die Sterbebegleiter werden, sind Frauen zwischen 40 und 50. So wie Birgit Ihlau

BERLINER ZEITUNG / PAULUS PONIZAK
von
Sabine Rennefanz
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Gesellschaft

Birgit Ihlau ist vierzehn Jahre alt, als ihr Vater stirbt. Obwohl er vorher schon lange sehr krank war, überrascht sein Tod die Familie. Alles geht ganz schnell, das Sterben, die Beerdigung, das Trauern. Viel wurde in der Familie nicht über den Verlust geredet. "Meine Mutter glaubte, dass Ablenkung am besten hilft", sagt Birgit Ihlau, heute 54 Jahre alt. Sie sagt im Rückblick, sie hätte sich gewünscht, besser auf den Tod vorbereitet gewesen zu sein. Sie sitzt in einem Café in Prenzlauer Berg, vor sich einen heißen Ingwertee, draußen nieselt es.

Es dauert dreißig Jahre, bis der Tod wieder in ihr Leben tritt. Diesmal eher zufällig. Birgit Ihlau ist damals 44 Jahre alt, hat geheiratet, hat viele Jahre als Pressesprecherin in internationalen Organisationen hinter sich, fühlt sich erschöpft, will ihr Leben ändern. Bei der Freiwilligenbörse im Roten Rathaus bleibt sie am Stand des Unionhilfswerks hängen, das Freiwillige sucht, für die Sterbebegleitung. Obwohl sie sich ursprünglich für ein anderes Ehrenamt interessiert hat, bleibt sie am Stand, meldet sich für einen zehnwöchigen Vorbereitungskurs an. "Wahrscheinlich hatte das Interesse auch etwas mit meinem Vater zu tun", sagt sie heute. Da sei noch etwas ungelöst gewesen.

Birgit Ihlau ist ein sehr analytischer Mensch. Vielleicht kann sie lernen, mit dem Tod besser umgehen zu können, wenn sie genau verstanden hat, was in den letzten Momenten vor sich geht, wenn sie einmal begriffen hat, wie der Prozess des…

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18.11.2016