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Gesellschaft

Das Trauma der Nation

Die südfranzösische Stadt Nizza wird von einem Anschlag erschüttert. Nach der Tat schwankt die Stimmung im Land zwischen tiefem Schrecken und grotesker Normalität

Levranii / shutterstock.com
von
Axel Veiel
und
Daniel Baumann
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Gesellschaft

NIZZA/PARIS. Ein Mann irrt am Strand umher, er sucht seine Frau. Er hat im Lauf der Schreckensnacht sämtliche Krankenhäuser der Stadt aufgesucht, sich ein ums andere Mal zur Notaufnahme durchgefragt, ohne eine Spur der Vermissten zu finden. Die Leichen der Opfer sind noch nicht geborgen. Zu Dutzenden liegen sie hinter Absperrbändern und Sichtschutzplanen. Die Spurensicherung hat ihre Arbeit auf der Uferpromenade von Nizza noch nicht beendet. Gerichtsmediziner entnehmen DNA-Proben.

Der Wind, der dort schon am Donnerstag an den Palmen gezerrt hatte, hat sich noch nicht gelegt. Hätte er am Vorabend heftiger geblasen, wäre das alles womöglich nicht passiert. Dann wäre das Feuerwerk aus Witterungsgründen abgesagt worden - so wie im benachbarten Departement Var, wo Frankreichs Nationalfeiertag, der 14. Juli, in mehreren Gemeinden ohne Lichterzauber zu Ende ging. Dann wären jetzt nicht mehr als 80 Tote und Dutzende von Schwerverletzten zu beklagen. Dann wären im Laufe der Nacht nicht 50 Kinder ins Krankenhaus eingeliefert worden, von denen am Freitag zwei ihren Verletzungen erlegen sind.

So aber ist es passiert. Augenzeugenberichte fügen sich zu einem immer deutlicheren Bild des Schreckens. Kurz vor 23 Uhr ist es, als über der Promenade des Anglais an der Bucht von Nizza die letzten Feuerwerkslichter am Nachthimmel erlöschen. Die Stimmung ist gelöst. Am Vormittag hatte Staatschef François Hollande das Ende des Ausnahmezustands angekündigt, der nach den…

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16.07.2016