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Gesellschaft

Das schöne Haus aus Blech

Im Containerdorf auf dem Tempelhofer Feld wohnen fast 1 000 Menschen. Sie sagen, es sei wunderbar dort. Und doch bleibt das Leben in Berlins größter Unterkunft für Geflüchtete ein seltsamer Zwischenzustand. Ein Besuch

papi / pixabay.com
von
Julia Haak
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Gesellschaft

Marziah Alizadeh stellt ein Tablett mit heißem Tee in Gläsern auf den dunkelblau gemusterten Teppich. "Deutschland ist einfach wunderbar", sagt sie. Marziah Alizadeh kommt aus einem anderen Land, weit weg. Sie ist 35 Jahre alt. An diesem Tag trägt sie Leggins, ein langärmliges Shirt und hat sich ein großes rotes Tuch locker übers Haar gelegt. Außerdem hat sie ein strahlendes Lächeln im Gesicht.

Im ersten Moment versteht man nicht so recht, was diese Frau mit ihrem strahlenden Lächeln meint und warum sie findet, dass es so wunderbar in diesem Land ist. Sie hat keinen Tisch, keine Schränke, keine Stühle. In einer Ecke hat sie Geschirr aufgestapelt. Zwischen Blechwänden, die die Begrenzung von Marziahs Wohnzimmer bilden, sind nur drei Meter Platz. Aber immerhin ist es ein Wohnzimmer, eins für Marziah und ihre Familie ganz allein. So einen Luxus hatte sie seit Jahren nicht.

Marziah Alizadeh kommt aus Afghanistan. Jetzt wohnt sie mit ihrer Familie in der Flüchtlingsunterkunft auf dem Tempelhofer Feld. Zwei Jahre und sieben Monate ist sie in Deutschland. Die meiste Zeit hat sie in Massenunterkünften verbracht, einen Teil davon mit Hunderten anderer Menschen in einem Flugzeughangar im alten Flughafengebäude. In einer Kabine ohne Tür. Es gab keine Privatsphäre, kein eigenes Bad, keine Küche, niemals Ruhe. Dagegen ist die kleine Containerwohnung, die jetzt das Zuhause der Familie bildet, ein einziger Traum. "Es ist sehr gut hier", sagt sie.

Die…

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26.05.2018