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Geschichte

Das erste „Fräulein Doktor“

Elsa Neumann wurde 1899 an der Berliner Universität promoviert – der erstaunliche Bildungsweg einer Jüdin

Ewald Thiel [Public domain], via Wikimedia Commons
von
Maritta Tkalec
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Geschichte

Eine junge Frau im langen dunklen Kleid mit der atemberaubend eng geschürten Taille und ein alter Mann im Talar und mit langem weißem Bart stehen sich in der würdevollen Aula der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin gegenüber. Im Publikum viele Damen mit kecken Hütchen. Allenthalben feierlicher Ernst. Dies sei ein "Fest wie kein anderes seit Gründung der Universität", sagt der Dekan der Philosophischen Fakultät, der Mathematiker Herrmann Amandus Schwarz, nämlich: "Eine junge Dame soll zum 1. Male die höchsten Ehren erlangen, welche die Fakultät vergeben kann."

Elsa Lehmann, 27 Jahre alt, erhielt an jenem 18. Februar 1899 nach erfolgreicher Verteidigung ihrer Dissertation die Promotionsurkunde und wurde somit zur ersten Frau in Berlin, die den Doktortitel erhielt. Eine Physikerin.

Die Presse schrieb begeistert: eine Sensation. Die Vossische Zeitung titelte in ihrer Abendausgabe desselben Tages: "Fräulein Doktor, wir grüßen Dich!" Keine Häme, kein Spott klang da mit. Zwei Monate zuvor hatte Elsa Lehmann die mündliche Prüfung mit "cum laude" bestanden. Ihre Arbeit begutachteten der Physiker Max Planck und der Biochemiker Otto Warburg und vergaben "laudabile", also jeweils "mit Lob". Die öffentliche Verteidigung vor der Überreichung der Urkunde galt als Formsache. Mehr noch: Bereits 15 Tage vor der Promotionsfeier erhob man die junge Frau - als erste überhaupt - zum Mitglied der Physikalischen Gesellschaft.

Der Titel ihrer Arbeit lautete "…

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05.03.2018